Kapitel 5
Das Auftauchen der Seele
Das wahre zentrale Wesen ist die Seele, doch steht dieses Wesen im Hintergrund und ist in den meisten menschlichen Naturen lediglich der geheime Zeuge oder, man könnte es auch so ausdrücken, ein verfassungsmäßiger Herrscher, der seinen Ministern erlaubt, für ihn zu herrschen, der ihnen die Vollmacht der Herrschaft über sein Reich gibt, schweigend ihren Entscheidungen zustimmt, und nur hie und da ein Wort einwirft, über das sie sich in jedem Augenblick hinwegsetzen können, um anders zu handeln. Das trifft jedoch nur solange zu, als die Seelen-Personalität, die durch die seelische Wesenheit nach vorne gebracht wurde, noch nicht hinreichend entwickelt ist; wenn sie so stark ist, dass die innere Wesenheit sich durch sie durchsetzen kann, dann vermag die Seele hervorzutreten und die menschliche Natur zu lenken. Durch das Hervortreten dieses wahren Monarchen und seiner Übernahme der Zügel der Herrschaft, kann eine wahre Harmonisierung unseres Wesens und unseres Lebens stattfinden.
Eine erste Voraussetzung des vollen Auftauchens der Seele ist ein direkter Kontakt im Oberflächenwesen mit der spirituellen Realität. Das seelische Element in uns wendet sich, da es von dorther stammt, immer dem zu, was in der äußeren Welt der Erscheinungen einer höheren Realität anzugehören scheint, und als ihr Symbol und Merkmal akzeptiert werden kann. Zunächst sucht es diese Realität durch das Gute, das Wahre, das Schöne, durch alles, was rein und fein und hoch und edel ist: doch obgleich diese Berührung durch äußere Zeichen und Merkmale die [menschliche] Natur modifizieren und vorbereiten kann, vermag sie sie nicht gänzlich oder zuinnerst oder tief zu wandeln. Denn für eine solche innerste Wandlung ist der direkte Kontakt mit der spirituellen Realität unerlässlich, da nichts sonst so tief die Grundlagen unseres Wesens berühren und es aufwühlen kann, oder die Natur durch seine Berührung in ein Ferment der Transmutation zu werfen vermag. Mentale Vorstellungen, emotionale und dynamische Darstellungen haben ihren Nutzen und Wert; die Wahrheit, das Gute und die Schönheit sind in sich primäre und potente Darstellungen der Realität, und sogar in den Formen, wie sie durch das Mental gesehen werden, wie sie durch das Herz gefühlt werden, wie sie im Leben erkannt werden, können sie Richtlinien eines Anstiegs sein: doch es ist in seiner spirituellen Substanz, seinem spirituellen Wesen, dass DAS, was sie verkörpern, in unsere Erfahrung eintreten muss.
SRI AUROBINDO (19:900)

Die Seele enthält die größtmögliche Stärke, doch bleibt das meiste davon hinter dem Schleier, und nur das, was in der [menschlichen] Natur in Erscheinung tritt, ist von Bedeutung. In einigen Menschen ist das seelische Element stark, in anderen schwach; in manchen Menschen ist das Mental der stärkste Teil und hat die Oberhand, in anderen ist es das Vital, das lenkt oder antreibt. Durch die Sadhana kann das seelische Wesen mehr und mehr nach vorne gebracht werden, bis es dominiert und das übrige lenkt. Wenn es bereits die Führung übernommen hätte, wären die Kämpfe und Schwierigkeiten des Mentals und Vitals keinesfalls ernsthaft; denn jeder Mensch würde im Licht der Seele die Wahrheit erkennen und fühlen und ihr immer mehr folgen.
SRI AUROBINDO (24:1109)

Mit dem Hervortreten [der Seele] ist einfach dies gemeint: Die Seele ist gewöhnlich tief im Inneren. Sehr wenige Menschen sind sich ihrer Seele bewusst – wenn sie von ihrer Seele sprechen, meinen sie im Allgemeinen das vitale und mentale Wesen oder aber die (falsche) Begierdenseele. Die Seele bleibt im Hintergrund und handelt, wo immer es möglich ist, nur durch das Mental, Vital und Physische. Aus diesem Grund hat das seelische Wesen, außer dort, wo es sehr entwickelt ist, nur einen geringen und teilweisen, einen verborgenen und vermischten oder abgeschwächten Einfluss auf das Leben der meisten Menschen. Mit dem Hervortreten ist gemeint, dass es hinter dem Schleier hervortritt, dass seine Gegenwart auch im täglichen Wachbewusstsein gefühlt wird, und sein Einfluss das Mental und Vital und ihre Bewegungen, ja, selbst das Physische erfüllt, beherrscht und umwandelt. Man ist sich seiner Seele bewusst, empfindet die Seele als sein wahres Wesen, während das Mental und alles übrige allmählich zu bloßen Instrumenten des Innersten in uns werden.
SRI AUROBINDO (24:1097)

Eigentlich möchte ich meinen, dass du inzwischen über das seelische Wesen Bescheid wissen müsstest –, dass es sich hinter dem Schleier befindet, und sein Bewusstsein ebenfalls; nur wenig davon gelangt in das Mental, Vital und Physische. Wenn dieses Bewusstsein nicht verborgen ist, wenn du dir deiner Seele (des seelischen Wesens) bewusst bist, wenn ihre Gefühle und ihr Bewusstsein die deinen sind, dann hast du das Bewusstsein des seelischen Wesens erlangt. Die Gefühle und Bestrebungen des seelischen Wesens sind alle der Wahrheit, dem rechten Bewusstsein und dem Göttlichen zugewandt; es ist der einzige Teil, der durch die feindlichen Kräfte und ihre Einflüsterungen nicht berührt werden kann.
SRI AUROBINDO (24:1098)

Das seelische Wesen tritt bei den meisten Menschen nur langsam hervor, selbst nachdem sie die Sadhana aufgenommen haben. So vieles im Mental und Vital muss sich verändern und wieder anpassen, bevor die Seele gänzlich frei sein kann. Man hat zu warten, bis der notwendige Prozess weit genug gediehen ist, und sie ihren uralten Schleier aufreißen und hervortreten kann, um die [menschliche] Natur zu lenken. Es stimmt, dass nichts sonst dir so viel inneres Glück und innere Freude zu gewähren vermag – der Friede jedoch kann auch durch die mentale und vitale Befreiung oder durch das Wachsen einer starken samata im Wesen erreicht werden.
SRI AUROBINDO (24:1098)

Wie weiß man, dass das seelische Wesen hervorgetreten ist?
Mein Kind, wenn es geschieht, weiß man es. Solange man es nicht weiß, bedeutet es, dass es noch nicht stattgefunden hat – genau das. Es gleicht dem, wenn Menschen dich fragen: „Wie vermag ich zu wissen, ob ich in Kontakt mit dem Göttlichen bin?“ Das als solches ist genug, um zu beweisen, dass sie es nicht sind. Denn, wären sie es, würden sie die Frage nicht länger stellen. Es ist etwas, das man weiß. Für die Seele gilt das gleiche. Wenn die Seele hervorgetreten ist, weiß man es, und es gibt nicht den Schatten eines Zweifels. Folglich stellt man die Frage nicht länger.
DIE MUTTER (6:396)

Das Auftauchen des seelischen Wesens oder die Verwirklichung des Selbstes über uns wird immer von dem Gefühl begleitet, wie aus einem Kerker befreit zu sein. Deshalb bezeichnet man es als Befreiung, mukti. Es ist eine Befreiung in den Frieden, in das Glück, in die Freiheit der Seele, die nicht durch tausend Bande und Sorgen des äußeren unwissenden Daseins gefesselt ist.
SRI AUROBINDO (23:1001)

Wenn die Seele einmal hervorgetreten ist, kann sie sich wieder zurückziehen?
Ja. Gewöhnlich hat man eine Reihe von Erfahrungen der Identifizierung, sehr intensiv zuerst, was sich später allmählich vermindert, und dann eines Tages erkennst du, dass sie verschwunden sind. Dennoch darfst du dich nicht beunruhigen lassen, denn es ist eine ziemlich allgemeine Erscheinung. Das nächste Mal aber – das zweite Mal – wird der Kontakt leichter erreicht. Und dann kommt ein Augenblick, ziemlich bald, da man, sobald man sich konzentriert und danach strebt, einen Kontakt herstellen kann. Man mag vielleicht nicht die Macht haben, ihn die ganze Zeit über zu bewahren, aber man kann ihn nach Wunsch herstellen. Dann, von diesem Augenblick an, werden die Dinge sehr einfach. Wenn man eine Schwierigkeit spürt oder ein Problem zu lösen hat, wenn man einen Fortschritt machen will, oder lediglich eine Depression zu bewältigen oder einen Widerstand zu überwinden hat, oder aber ganz einfach um der Freude der Identifizierung willen (denn diese ist eine Erfahrung, die eine sehr konkrete Freude vermittelt; im Augenblick der Identifizierung empfindet man wahrlich eine sehr, sehr große Freude), dann kann man in jedem Augenblick innehalten, sich eine Zeit lang konzentrieren und streben, und auf ganz natürliche Weise wird der Kontakt [mit der Seele] hergestellt und alle zu lösenden Probleme werden gelöst. Einfach sich zu konzentrieren, sich hinzusetzen und zu konzentrieren – auf diese Weise zu streben, und der Kontakt ist hergestellt, augenblicklich sozusagen.
Es kommt, wie ich sagte, eine Zeit, in der dich dies nicht mehr verlässt, das heißt, es ist in den Tiefen des Bewusstseins und stützt alles, was du tust, und du verlierst niemals mehr den Kontakt. Dann hören viele Dinge auf. Depression zum Beispiel, ist eines dieser Dinge, Unzufriedenheit, Aufruhr, Müdigkeit, Niedergeschlagenheit all diese Schwierigkeiten. Und wenn man es sich zur Gewohnheit macht, in seinem Bewusstsein zurückzutreten, wie wir es nennen, und auf den Schirm des seelischen Bewusstseins zu blicken – all die Umstände zu sehen, alle Ereignisse, alle Ideen, alles Wissen, alles –, in diesem Augenblick sieht man das und hat einen insgesamt sicheren Führer für alles, was man tut. Aber dies dauert notwendigerweise sehr lange Zeit.
DIE MUTTER (6:33)

Fortwährende und aufrichtige Aspiration, und der Wille, sich allein dem Göttlichen zuzuwenden, sind der beste Weg, die Seele hervortreten zu lassen.
SRI AUROBINDO (24:1100)

Wenn das Begehren zurückgewiesen ist und nicht länger das Denken, Fühlen oder Tätigsein beherrscht, wenn ein stetiges Streben nach einem vollkommen aufrichtigen Selbstgeben besteht, öffnet die Seele sich nach einer gewissen Zeit von selbst.
SRI AUROBINDO (24:1099)

Diese Dinge, Ärger, Eifersucht, Begehren sind der eigentliche Stoff des gewöhnlichen menschlich-vitalen Bewusstseins. Ihre Wandlung wäre nicht möglich, wenn es nicht ein tieferes Bewusstsein innen gäbe, das von ganz anderer Natur ist. In dir ist ein seelisches Wesen, das göttlich ist, und unmittelbar ein Teil der Mutter, frei von all diesen Mängeln. Es wird von dem gewöhnlichen Bewusstsein und der gewöhnlichen Natur verdeckt und verborgen; wenn es aber enthüllt wird und das Wesen lenken kann, dann verändert es das gewöhnliche Bewusstsein, entledigt sich all dieser ungöttlichen Dinge, und wandelt die äußere Natur vollständig. Daher wollen wir, dass die Sadhaks sich konzentrieren, um dieses verborgene Bewusstsein zu öffnen – durch Konzentration, von welcher Art auch immer, und die Erfahrungen, die sie bringt, öffnet man sich, wird innerlich bewusst, und das neue Bewusstsein, die neue Natur beginnen zu wachsen und hervorzutreten. Natürlich wollen wir auch, dass sie ihren Willen gebrauchen und die Begierden und falschen Bewegungen des Vitals zurückweisen, denn hierdurch wird das Hervortreten des wahren Bewusstseins möglich. Zurückweisung allein kann aber nicht erfolgreich sein; es geschieht sowohl durch Zurückweisung als auch durch innere Erfahrung und ein inneres Wachsen.
SRI AUROBINDO (23:907)

Du hast gefragt, welcher Art die Disziplin sei, der man zu folgen habe, um das mentale Suchen in eine lebendige spirituelle Erfahrung zu wandeln. Das erste Erfordernis ist, dein Bewusstsein in der nach innen gerichteten Konzentration zu schulen. Das gewöhnliche menschliche Mental besitzt eine Oberflächenaktivität, die das wahre Selbst verhüllt. Doch gibt es eine anderes, ein verborgenes, inneres Bewusstsein hinter der Oberfläche, in welchem man das wirkliche Selbst und eine größere und tiefere Wahrheit der Natur gewahrt, in welchem man das Selbst verwirklichen und die Natur befreien und umwandeln kann. Das Ziel dieser Konzentration ist, das Oberflächenmental zu beruhigen und zu beginnen, innerlich zu leben. Dieses wahre Bewusstsein, das sich von dem oberflächlichen unterscheidet, hat zwei hauptsächliche Zentren, eines im Herzen (nicht im physischen Herzen, sondern im Kardial Zentrum in der Mitte der Brust), und eines im Kopf. Die Konzentration im Herzen öffnet den Weg nach innen, und wenn man diesem inneren öffnen folgt und sich in die Tiefe wendet, wird man sich der Seele oder des seelischen Wesens bewusst, dem göttlichen Element im Menschen. Dieses, nachdem es enthüllt wurde, beginnt hervorzutreten und die Natur zu lenken und sie samt allen ihren Bewegungen der Wahrheit und dem Göttlichen zuzuwenden, sowie alles in sie herabzurufen, was sich darüber befindet. Es bringt das Bewusstsein der [Göttlichen] Gegenwart, der Weihung des Wesens an den Höchsten und macht die Herabkunft einer größeren Kraft und eines größeren Bewusstseins, die über uns warten, in unsere Natur möglich. Der erste Schritt, wenn man ihn tun kann, das heißt der natürliche Anfang ist, sich im Herzen auf die Darbringung seiner selbst an das Göttliche zu konzentrieren, sowie das Streben nach diesem inneren öffnen und nach der Gegenwart im Herzen; denn ist einmal dies erreicht, wird der spirituelle Pfad weit einfacher und sicherer, als wenn man mit dem anderen Weg beginnen würde.
Jener andere Weg ist die Konzentration im Kopf, im menschlichen Zentrum. Diese, wenn sie zur Stille des Oberflächenmentals führt, öffnet ein inneres, größeres und tieferes Mental, das bereitwilliger spirituelle Erfahrung und spirituelles Wissen empfängt. Ist man hier einmal konzentriert, dann muss man das schweigende, mentale Bewusstsein nach oben hin für alles öffnen, was sich über dem Mental befindet. Nach einiger Zeit fühlt man, wie das Bewusstsein aufsteigt, wie es sich schließlich über jenes Lid erhebt, von dem es so lange Zeit im Körper festgehalten wurde, und ein Zentrum über dem Kopf findet, von wo es in das Unendliche befreit wird. Dort beginnt es mit dem universalen Selbst, mit dem Göttlichen Frieden, dem Licht, der Macht, dem Wissen, der Seligkeit in Kontakt zu kommen, dort einzutreten, und zu all dem zu werden – und die Herabkunft dieser Dinge in die Natur zu fühlen. Dieser zweite Weg der Konzentration ist also, sich im Kopf auf das Streben nach der Stille im Mental zu konzentrieren sowie auf die Verwirklichung des Selbstes und des Göttlichen über sich. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass die Konzentration des Bewusstseins im Kopf nur Vorbereitung für sein Aufsteigen zu dem Zentrum darüber ist; andernfalls könnte man in seinem Mental und dessen Erfahrungen eingeschlossen werden oder bestenfalls zu einer Widerspiegelung der Wahrheit gelangen, statt sich in die spirituelle Transzendenz zu erheben, um dort zu leben. Für einige ist die mentale Konzentration leichter, für andere die Konzentration im Herzzentrum; einige sind fähig, beides abwechselnd zu tun – doch ist es wünschenswerter, mit dem Herzzentrum zu beginnen, wenn man es vermag.
Die andere Seite der Disziplin betrifft die Tätigkeiten der menschlichen Natur, des Mentals, des Lebensselbstes oder Vitals und des physischen Wesens. Hier ist das Prinzip, die [menschliche] Natur mit der inneren Verwirklichung abzustimmen, damit man nicht in zwei disharmonierende Teile gespalten wird. Dabei sind verschiedene Disziplinen oder Vorgänge möglich. Eine davon ist, alle Tätigkeiten dem Göttlichen darzubringen, um die innere Führung zu bitten und darum, dass die menschlichen Natur von einer Höheren Macht aufgenommen wird. Sobald dann das innere Sich-Öffnen der Seele stattfindet, sobald das seelische Wesen hervortritt, besteht keine große Schwierigkeit mehr; denn Hand in Hand damit geht die seelische Unterscheidung, eine fortwährende Eingebung und schließlich eine Führung, die alle Unvollkommenheiten enthüllt und still und geduldig beseitigt; die die rechten mentalen und vitalen Regungen bringt, und auch das physische Bewusstsein umformt. Eine andere Methode ist, zurückzustehen, losgelöst von den Regungen des Mentals, des Lebens, des physischen Wesens, ihre Tätigkeiten allein als die gewohnten Formierungen der allgemeinen Natur im Menschen zu betrachten, die uns durch vergangenes Tun auferlegt sind und nicht zu unserem wirklichen Wesen gehören; in dem Maß wie einem das glückt, wie man sich ablösen kann und das Mental und seine Tätigkeiten, das Leben und seine Tätigkeiten, den Körper und seine Tätigkeiten als nicht zu sich gehörend betrachtet, wird man sich eines inneren Wesens bewusst, eines inneren Mentals, eines inneren Vitals, eines inneren Physischen –, das ruhig, ungebunden und nicht verhaftet ist, das das wahre Selbst über einem spiegelt und sein direkter Vertreter sein kann; von diesem inneren, schweigenden Wesen geht eine Zurückweisung all dessen aus, was zurückgewiesen werden muss, und eine Billigung allein von dem, was bewahrt und umgewandelt werden kann, ein innerster Wille zur Vollendung oder ein Ruf an die Göttliche Macht, bei jedem Schritt das zu tun, was für die Wandlung der Natur erforderlich ist. Es [das innere Wesen] kann auch Mental, Leben und Körper der innersten seelischen Wesenheit und ihrem lenkenden Einfluss oder ihrer unmittelbaren Führung öffnen. In den meisten Fällen zeichnen sich diese beiden Methoden ab, arbeiten zusammen und verschmelzen schließlich in eine einzige. Doch kann man mit jeder von ihnen beginnen, am besten mit derjenigen, der zu folgen einem am natürlichsten und einfachsten erscheint.
Schließlich kann in allen Schwierigkeiten, in denen die persönliche Bemühung behindert ist, die Hilfe des Lehrers eingreifen und das herbeiführen, was für die Verwirklichung oder den unmittelbar nächsten Schritt erforderlich ist.
SRI AUROBINDO (23:517)

Man kann sich auf jedes der drei Zentren konzentrieren, je nachdem, was dem Sadhak am leichtesten fällt oder die besten Ergebnisse zeitigt. Die Kraft der Konzentration im Herzzentrum besteht darin, dieses Zentrum zu öffnen, und durch die Macht des Strebens, der Liebe, der bhakti und Hingabe den Schleier zu entfernen, der die Seele bedeckt und verhüllt; sie lässt die Seele oder das seelische Wesen hervortreten, damit sie Mental, Leben und Körper lenke, und sie alle voll dem Göttlichen zuwende und alles beseitige, was diesem Öffnen und dieser Wende entgegensteht.
Das nennt man in diesem Yoga die seelische Umwandlung. Die Macht der Konzentration über dem Kopf besteht darin, den Frieden zu bringen sowie das Schweigen, die Befreiung vom Körpergefühl und von der Identifizierung mit Mental und Leben; sie öffnet den Weg für das niedere Bewusstsein (das mentale, vitale und physische), damit es aufsteige, um dem höheren Bewusstsein zu begegnen sowie für die Kräfte des höheren Bewusstseins (der spirituellen Natur), damit sie in Mental, Leben und Körper herabkommen. Das nennt man in diesem Yoga die spirituelle Umwandlung. Wenn man mit dieser Bewegung beginnt, muss die Macht von oben in ihrem Herabkommen alle Zentren öffnen (einschließlich des niedersten Zentrums) und das seelische Wesen hervortreten lassen; denn solange dies nicht geschehen ist, widersetzt sich das niedrigere Bewusstsein voraussichtlich mit viel Schwierigkeiten und Kampf dem Göttlichen Wirken von oben, es vermischt sich damit oder weist es sogar zurück. Ist das seelische Wesen jedoch einmal aktiv, können dieser Kampf und diese Schwierigkeiten außerordentlich vermindert werden.
Die Macht der Konzentration zwischen den Augenbrauen besteht darin, das Zentrum dort zu öffnen, und das innerste Mental, die innere Schau sowie das innere oder yogische Bewusstsein mit seinen Erfahrungen und Mächten zu befreien. Von hier kann man sich auch nach oben öffnen und ebenso in den niederen Zentren wirken; die Gefahr dieser Methode besteht jedoch darin, dass man möglicherweise in seinen mentalen spirituellen Formierungen eingeschlossen wird und keinen Ausweg aus ihnen findet, um die freie und integrale spirituelle Erfahrung und Erkenntnis sowie die integrale Veränderung des Wesens und der menschlichen Natur zu erlangen.
SRI AUROBINDO (23:725)

Die Verwirklichung des seelischen Wesens, sein Erwachen und Hervortreten hängen hauptsächlich davon ab, inwieweit man eine persönliche Beziehung zum Göttlichen entwickeln kann, eine Beziehung der bhakti, der Liebe, des Vertrauens und Selbstgebens, inwieweit man die Beharrlichkeiten des trennenden und rechthaberischen mentalen, vitalen und physischen Egos zurückweisen kann.
SRI AUROBINDO (22:341)
