Kapitel 4

Läuterung und Konzentration

Worte Sri Aurobindos

Beim Wissen muss die Methode des Yoga unseren Blick nach innen wenden. Sofern wir äußere Dinge betrachten, soll unser Auge die Erscheinungen der Oberfläche durchdringen und zu jener einen ewigen Wirklichkeit in ihrem Inneren vorstoßen. Das niedere Wissen ist in erster Linie mit den äußeren Erscheinungen und ihrem Wirken beschäftigt. Erstes Erfordernis des höheren Wissens ist, dass es davon loskommt und die Wirklichkeit erfasst, deren äußere Erscheinungen sie sind, und dass es das Wesen und die Macht des bewussten Seins schaut, deren Auswirkungen sie darstellen. Das geschieht durch drei Bewegungen, die füreinander notwendig sind, da sie einander vervollständigen: Läuterung, Konzentration und Identifikation.

Worte Sri Aurobindos

Die Läuterung hat zum Ziel, das mentale Wesen zu einem klaren Spiegel zu machen, in dem die göttliche Wirklichkeit reflektiert werden kann, es zu einem reinen Gefäß und Kanal ohne Hindernisse werden zu lassen, in den sich die göttliche Gegenwart ergießen und durch den der göttliche Einfluss ausströmen kann. Das ganze mentale Wesen muss zu einem verfeinerten Stoff werden, von dem die göttliche Natur Besitz ergreifen oder den sie neu gestalten und für göttliche Zwecke verwenden kann. Der mentale Mensch spiegelt gegenwärtig nur die Verwirrung wider, die durch die mentale und physische Welt-Betrachtung geschaffen wird. Er ist nur Übermittler der Unordnungen der unwissenden niederen Natur, erfüllt von Widerständen und ungeläuterten Kräften, die die höheren Mächte am Wirken hindern. Darum ist die Gestaltung unseres Wesens entstellt und unvollkommen, den höchsten Einflüssen verschlossen und in ihrer Aktion darauf eingestellt, zu unwissenden und niederen Zwecken verwendet zu werden. Es spiegelt die Welt auf falsche Weise wider und ist unfähig, das Göttliche darzustellen.

Worte Sri Aurobindos

Konzentration gehört mit zur Läuterung und ist eine Hilfe, sie zu verwirklichen. Läuterung und Konzentration sind zwei Aspekte desselben Zustandes des Seins: der weibliche und der männliche, der passive und der aktive. Ein geläutertes Wesen ist Voraussetzung dafür, dass die Konzentration vollständig, wirksam und allmächtig wird. Andererseits kommt durch Konzentration die Läuterung erst zu ihrer Auswirkung und würde ohne diese nur zu einem Zustand friedvoller Stille und ewiger Ruhe führen. Die Gegensätze beider sind eng miteinander verbunden. Wie wir gesehen haben, ist das ungeläuterte Wesen eine Verwirrung des dharma, ein nachlässiges, vermischtes und ineinander verworrenes Wirken der verschiedenen Schichten des Wesens. Dieses Durcheinander rührt daher, dass es in der verkörperten Seele an der rechten Konzentration ihrer Erkenntnis auf ihre Energien fehlt. Dieser Fehler unserer Natur liegt zunächst daran, dass sie sich träge der Einwirkung der Dinge so unterwirft, wie diese ohne Ordnung und Kontrolle in einem Wirrwarr an das Mental herankommen. Danach legt eine zufällige unvollkommene Konzentration, die launenhaft, unregelmäßig und mehr oder weniger zufällig geleistet wird, auf diesen oder jenen Gegenstand Nachdruck, je nachdem er gerade interessiert. Das tut aber nicht die höhere Seele oder der urteilende und unterscheidende Intellekt. Vielmehr ist es das ruhelose, sprunghafte, launische, leicht ermüdete und leicht abgelenkte niedere Mental, das der Erzfeind unseres Fortschritts ist. Unter einer solchen Voraussetzung ist Läuterung des Wesens, richtiges Wirken der Funktionen, klare, makellose und erleuchtete innere Ordnung unmöglich. Wenn wir all das, was in uns wirkt, den Zufälligkeiten der Umgebung und der äußeren Einflüsse aussetzen, muss das notgedrungen durcheinandergehen, einander lähmen, ablenken, verwirren und in eine falsche Richtung drängen. Ebenso ist ohne Läuterung eine vollständige, ausgeglichene und bewegliche Konzentration unseres Wesens auf das rechte Denken, Wollen, auf wahres Fühlen oder einen gesicherten Status geistiger Erfahrung nicht möglich. Darum müssen die beiden zusammengehen. Die eine muss der anderen zum Sieg verhelfen, bis wir jene dauernde Ruhe gewinnen, aus der im menschlichen Wesen ein wenn auch nur teilweises Abbild des ewigen, allmächtigen und allwissenden Wirkens hervorgehen kann.

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