Kapitel 4

Die eiserne Kette

Wie viele von euch sind von Anfang an hier gewesen, ich meine vom Kindergarten an, – irgendjemand? Einer, zwei, drei, vier – oh, ziemlich viele! Sehr gut, wirklich sehr gut, dass so viele so lange weitergemacht haben und hiergeblieben sind. Dies ist wirklich anerkennenswert.

Ich will euch dazu eine Geschichte erzählen. Ein junger Mann, der ein Aspirant, ein Sucher des spirituellen oder religiösen Lebens war, ging vor Zeiten einmal zu Gandhiji. Er wollte dort bleiben. Er sagte: „Ich bin ein Sucher des spirituellen Lebens. Ich möchte bei Euch bleiben.“ Gandhi empfing die Person und akzeptierte sie. „Es ist in Ordnung, du kannst es versuchen“, sagte er. Der junge Mann blieb einige Zeit dort, eine ziemlich lange Zeit, vielleicht sogar ein Jahr. Aber am Ende des Jahres ging er zu Gandhiji und sagte: „Bitte erlaubt mir, von hier wegzugehen. Irgendwie spüre ich, dass ich nicht länger bleiben kann.“ Dann ging er weg und kam hierher zum Ashram. Er liebte den Ashram sehr und blieb hier. Nach einigen Jahren dachte Gandhiji an den jungen Mann. „Wo ist er? Er war ein guter Mann. Wo ist er hingegangen?“ Dann erfuhr er, dass der junge Mann hier im Sri Aurobindo Ashram war. Wie viele Jahre? „Sieben Jahre!“ Gandhiji war überrascht. „Wie kann das sein? Ich kenne den jungen Mann. Ich weiß, dass er eine ruhelose Person war, seiner selbst und seiner Pläne so unsicher, – er konnte nicht lange an einem Ort oder bei einer Beschäftigung bleiben. Und er ist seit sieben Jahren im Sri Aurobindo Ashram! Es ist ein großes Lob für den Sri Aurobindo Ashram, dass er ihn so lange halten konnte!“ Und ich kann hinzufügen: Er ist immer noch hier! Deshalb möchte ich sagen, dass diejenigen von euch, die weiterhin hiergeblieben sind, eine Anerkennung für ihre Leistung verdienen. Oder geht das Lob an den Ashram?

Ich habe eine Idee. Ihr habt sehr viel über die goldene Kette gehört, die die Mutter allen umlegt, die zu ihr kommen und Kontakt mit ihr aufnehmen, – eine unzerreißbare ewige Kette, wie wir alle erfahren haben, die goldene Kette, mit der sie jeden, der hierher kommt, in ihre Umarmung einbindet. Nun habe ich das Gefühl, dass sie auch eine andere Kette in ihrer Börse hat – eine Kette mit Handschellen und Fesseln, – mit denen sie einige Leute physisch an sich, an ihr materielles Sein bindet. Sie nimmt sich auch des physischen Schicksals dieser Person an. Die goldene Kette gehört natürlich zur Seele, welche ewig, schön und prachtvoll ist; dies ist eine andere Sache. Aber sogar genau dieser Körper, dieses stoffliche Gerüst, kann ebenso der Mutter gehören. Mit der goldenen Kette bist du der Geliebte der Mutter oder ihr Liebhaber, aber mit der eisernen Kette wirst du physisch ihr ergebener Anhänger.

Ja, ich versuche anzudeuten, dass diejenigen, die seit langem hier sind, viele schon seit ihrer Kindheit, einen bestimmten Verdienst errungen haben. Aus spiritueller Sicht ist diese Dauer, diese Beständigkeit an sich schon etwas Bedeutsames; sie ist eine Errungenschaft. Sogar wenn ihr keinerlei Examen ablegt, das heißt, ohne eine schwierige Prüfung von einer Klasse in die nächste versetzt werdet, sogar wenn ihr einfach nur hindurchschlittert, gemütlich und locker alles durchlauft, ist das ausreichend. Es gibt etwas, das bleibt. Etwas sehr Wertvolles bleibt in eurem Bewusstsein haften. Ihr mögt es nicht wahrnehmen, aber eines Tages werdet ihr es mit Sicherheit sehen und erkennen. Deshalb gratuliere ich euch allen zu eurem glücklichen Erfolg, der wirklich das Zeichen ihrer übergroßen Gnade ist.

29 Oktober 1977