Kapitel 3

Bhakti

407. – Ich bin kein Bhakta, denn ich habe nicht um Gottes willen der Welt entsagt. Wie könnte ich dem entsagen, was Er mir mit Gewalt entriss und gegen meinen Willen wiedergab? Solches wäre zu schwer für mich.

408. – Ich bin kein Bhakta, ich bin kein Jnani, ich bin kein Arbeiter für den Herrn. Was bin ich denn? Ein Werkzeug in den Händen meines Meisters, eine Flöte, die der göttliche Hirtenknabe bläst, ein Blatt, gewirbelt vom Atemhauch des Herrn.

409. – Liebende Hingabe ist nicht ganz erfüllt, bis sie zu Wirken und Wissen wird. Verfolgst du Gott und kannst Ihn einholen, so lass Ihn nicht los, ehe du Seine Wirklichkeit hast. Hast du Seine Wirklichkeit ergriffen, so bestehe darauf, auch Seine Gesamtheit zu haben. Das eine wird dir göttliches Wissen geben, das andere göttliches Wirken und eine freie und vollkommene Freude am Weltall.

410. – Andere sind Stolz auf ihre Liebe zu Gott. Ich rühme mich damit, dass ich Gott nicht liebte; es war Er, der mich liebte und mich heimsuchte und mich zwang, Ihm zu gehören.

411. – Als ich wusste, dass Gott eine Frau ist, lernte ich von ferne etwas von der Liebe kennen; aber erst als ich eine Frau wurde und meinem Meister und Geliebten diente, kannte ich die Liebe ganz.

412. – Ehebruch mit Gott zu treiben ist die vollkommene Erfahrung, für welche die Welt erschaffen wurde.

413. – Gott wirklich zu fürchten bedeutet, weit von Ihm abzurücken, aber Ihn im Spiel zu fürchten erhöht ein äußerstes Ergötzen.

414. – Israel erfand den Gottesfürchtigen; Indien den Gottwissenden und Gottliebenden.

415. – Der Knecht Gottes wurde in Judäa geboren, zur Reife aber kam er bei den Arabern. Indiens Freude bezeugt sich im Dienend-Liebenden.

416. – Vollkommene Liebe vertreibt die Angst; dennoch bewahre einen zarten Schatten der Erinnerung an die Verbannung, er macht die Vollkommenheit noch vollkommener.

417. – Deine Seele hat nicht Gottes gesamte Wonne gekostet, wenn sie nie die Freude gekannt hat, als Feind Seinen Plänen entgegenzutreten und sich mit Ihm auf einen tödlichen Zweikampf einzulassen.

418. – Kannst du Gott nicht dazu bringen dich zu lieben, so lass Ihn gegen dich kämpfen. Schenkt Er dir nicht die Umarmung des Liebenden, so zwinge Ihn, dir die Umarmung des Ringenden zu geben.

419. – Meine Seele ist Gottes Gefangene, von Ihm im Kampf genommen; noch immer erinnert sie sich des Krieges, nun doch so fern von ihr, voll Wonne, Bangen und Staunen.

420. – Am meisten von allen Dingen auf der Erde hasste ich den Schmerz, bis Gott mir weh tat und mich quälte; da wurde mir enthüllt, dass Schmerz nur eine verdrehte und widerspenstige Form übermäßiger Wonne ist.

421. – Es gibt vier Stufen des Schmerzes, den Gott uns zufügt: bloßer Schmerz; Schmerz, der Vergnügen verursacht; Schmerz der Vergnügen ist; und Schmerz, der nichts anderes als eine heftigere Art von Wonne ist.

422. – Auch wenn man jene Ebenen der Seligkeit erklommen hat, wo der Schmerz verschwindet, überlebt er dennoch verkleidet als unerträgliche Ekstase.

423. – Als ich immer höhere Gipfel Seiner Freude erstieg, fragte ich mich, ob es denn keine Grenze der Steigerung von Seligkeit gebe und bangte fast vor Gottes Umarmungen.

424. – Nächst der Liebe zu Gott ist das größte Entzücken die Liebe zu Gott in den Menschen; dort hat man auch die Freude an der Vielfältigkeit.

425. – Für den Körper mag Monogamie das beste sein; die Seele aber, die Gott im Menschen liebt, weilt hier immer als grenzenloser und ekstatischer Polygamist; und dennoch – dies ist das Geheimnis – ist sie die ganze Zeit nur in ein einziges Wesen verliebt.

426. – Die ganze Welt ist mein Harem, und jedes lebendige Wesen und leblose Ding darin ist Gegenstand meines Entzückens.

427. – Ich wusste eine Zeitlang nicht, ob ich Krishna mehr liebte oder Kali; liebte ich Kali, so liebte ich mich selbst, aber wenn ich Krishna liebte, liebte ich einen anderen, und dennoch war es mein Selbst, in das ich verliebt war. Darum bin ich dahin gekommen, Krishna sogar noch mehr zu lieben als Kali.

428. – Wozu die Natur bewundern oder sie als eine Macht, eine Gegenwart und Göttin verehren? Oder wozu sie ästhetisch und künstlerisch schätzen? Das Geheimnis ist, sich an ihr mit der Seele so zu erfreuen, wie man sich an einer Frau mit dem Körper erfreut.

429. – Wer die Schau im Herzen hat, für den wird alles – Natur und Denken und Wirken, Ideen und Beschäftigungen und Geschmacksempfindungen und Gegenstände –, zur Geliebten und ist Quell der Ekstase.

430. – Die Philosophen, die die Welt als Maya verwerfen, sind sehr weise und streng und heilig; aber manchmal kann ich nicht umhin zu denken, dass sie auch ein klein wenig töricht sind und sich von Gott allzu leicht hinters Licht führen lassen.

431. – Ich für mein Teil glaube darauf bestehen zu dürfen, dass Gott sich mir in der Welt so gut schenkt wie außerhalb. Warum hätte Er sie denn überhaupt erschaffen, wenn Er sich vor dieser Pflicht drücken wollte?

432. – Der Mayavadin spricht von meinem Persönlichen Gott als einem Traum und träumt lieber vom Unpersönlichen Sein; der Buddhist schiebt auch das beiseite als eine Fiktion und träumt lieber vom Nirvana und der Seligkeit des Nichtseins. So verunglimpfen sich all die Träumer gegenseitig eifrig ihre Träume und preisen die eigenen als Patentrezept an. Woran die Seele sich ganz und gar ergötzt, das ist für das Denken die letzte Wirklichkeit.

433. – Jenseits der Persönlichkeit sieht der Mayavadin unbestimmbare Existenz; ich folgte ihm dorthin und fand meinen Krishna jenseits in unbestimmbarer Persönlichkeit.

434. – Als ich Krishna zuerst begegnete, liebte ich Ihn als Freund und Spielgefährten, bis Er mich betrog; da war ich entrüstet und konnte Ihm nicht vergeben. Später liebte ich Ihn als Geliebten, und Er betrog mich noch immer; ich entrüstete mich wieder und noch viel mehr, aber diesmal musste ich vergeben.

435. – Nachdem Er sich vergangen hatte, zwang Er mich nicht durch Abbitte zum Verzeihen, sondern durch neue Vergehen.

436. – Solange Gott versuchte, Seine Vergehen gegen mich wiedergutzumachen, fuhren wir fort uns regelmäßig zu streiten; als Er aber Seinen Fehler einsah, hörte der Streit auf, denn ich musste mich Ihm völlig unterwerfen.

437. – Als ich andere außer Krishna und mir auf der Welt sah, hielt ich Gottes Treiben mit mir geheim; doch seit ich Ihn und mich überall zu sehen begann, bin ich schamlos und geschwätzig geworden.

438. – Alles, was mein Geliebter hat, gehört mir. Warum beschimpfst du mich, dass ich den Schmuck zur Schau trage, den Er mir schenkte?

439. – Mein Geliebter nahm Krone und Königskette von Seinem Haupt und Nacken und kleidete mich damit; doch die Jünger der Heiligen und Propheten schmähten mich und sagten: „Er ist hinter Siddhis her.“

440. – Ich tat in der Welt nach meines Geliebten Geheiß und meines Gebieters Willen; sie aber riefen: „Wer ist dieser Verführer der Jugend, dieser Verderber der Sitten?“

441. – Kümmerte ich mich nämlich um euren Beifall, O ihr Heiligen, und achtete ich auf mein Ansehen, O ihr Propheten, so hätte mich mein Geliebter nie in Sein Herz geschlossen und mir Zutritt zu Seinen geheimen Kammern gewährt.

442. – Ich war berauscht von der Verzückung meines Geliebten und warf sogar auf den Hauptstraßen der Welt das Weltkleid ab. Was kümmerte es mich, dass die Weltlinge spotteten und die Pharisäer ihr Gesicht abwandten?

443. – Dem Dich Liebenden, O Herr, ist das Gespött der Welt wilder Honig, und das Prasseln der Steine des Pöbels ist Sommerregen auf den Körper. Denn bist nicht Du es, der mich verspottet und bewirft, und bist nicht Du es in den Steinen, der mich trifft und verletzt?

444. – Zwei Dinge gibt es in Gott, die die Menschen schlecht nennen: das, was sie überhaupt nicht verstehen können, und das, was sie missverstehen und, wenn sie es besitzen, missbrauchen; nur wonach sie halb vergeblich tappen und was sie dunkel begreifen, das nennen sie gut und heilig. Für mich aber sind alle Dinge in Ihm liebenswert.

445. – Man sagt, O mein Gott, ich sei verrückt, weil ich an Dir nichts auszusetzen finde; bin ich aber tatsächlich verrückt vor Liebe zu Dir, so will ich nie mehr normal werden.

446. – „Irrtümer, Lügen, Fehltritte!“ schreien sie. Wie hell und schön sind Deine Irrtümer, O Herr! Deine Lügen halten die Wahrheit am Leben; durch Deine Fehltritte wird die Welt vollendet.

447. – Leben, Leben, Leben, höre ich die Leidenschaften rufen; Gott, Gott, Gott, ist die Antwort der Seele. Bis du das Leben einzig als Gott siehst und liebst, bleibt auch das Leben für dich eine versiegelte Freude.

448. – „Er liebt sie“, sagen die Sinne; die Seele aber sagt: „Gott, Gott, Gott“. Dies ist des Daseins allumfassende Formel.

449. – Kannst du den wertlosesten Wurm und den gemeinsten Verbrecher nicht lieben, wie kannst du dann meinen, du habest Gott angenommen in deinem Geist?

450. – Gott lieben und die Welt ausschließen heißt, Ihm eine starke, aber unvollkommene Anbetung zollen.

451. – Ist Liebe bloß eine Tochter oder Magd der Eifersucht? Wenn Krishna Chandrabali liebt, warum sollte ich sie nicht auch lieben?

452. – Da du einzig Gott liebst, stellst du leicht den Anspruch, mehr von Ihm geliebt zu werden als andere; dies ist aber ein falscher Anspruch, ist wider Recht und Natur der Dinge. Denn Er ist der Eine, du aber gehörst zu den Vielen. Werde lieber in Herz und Seele eins mit allen Wesen, dann gibt es für Seine Liebe auf der ganzen Welt niemand als dich allein.

453. – Jenen, die so töricht sind, meinen Geliebten nicht zu lieben, gilt mein Streit, und nicht jenen, die Seine Liebe mit mir teilen.

454. – An denen, die Gott liebt, habe deine Freude; mit denen, die Er vorgibt nicht zu lieben, habe Mitleid.

455. – Hassest du den Atheisten, weil er Gott nicht liebt? Dann dürfte man auch dich nicht leiden mögen, weil du nämlich Gott nicht vollkommen liebst.

456. – Bei einer Sache vor allem unterwerfen sich Bekenntnisse und Kirchen dem Teufel, nämlich bei ihren Anathemen. Wenn der Priester Anathema Maranatha singt, sehe ich einen Teufelsanbeter beten.

457. – Kein Zweifel, wenn der Priester verflucht, ruft er Gott an; aber der Gott des Zorns und der Finsternis ist es, dem er sich samt seinem Feind übergibt; denn wie er sich Gott naht, so empfängt ihn Gott.

458. – Ich wurde von Satan sehr geplagt, bis ich herausfand, dass Gott es war, der mich versuchte; da verließ die Angst vor ihm meine Seele für immer.

459. – Ich hasste den Teufel und ärgerte mich über seine Versuchungen und Quälereien; und ich konnte nicht sagen, warum seine Stimme bei den Abschiedsworten so süß war, dass ich ihn nur ungern zurückwies, wenn er jeweils wiederkehrte und sich mir anbot. Dann entdeckte ich, dass es Krishna bei Seinen Streichen war, und mein Hass wandelte sich in Lachen.

460. – Sie erklärten das Böse auf der Welt damit, dass Satan gegen Gott die Oberhand gewonnen habe; ich aber denke stolzer von meinem Geliebten. Ich glaube, im Himmel oder in der Hölle, auf Erden oder über den Wassern geschieht nichts ohne Seinen Willen.

461. – In unserer Unwissenheit sind wir wie Kinder, stolz auf unseren Erfolg, ohne Hilfe aufrecht gehen zu können, und zu eifrig, um die stützende Berührung der Mutter an der Schulter zu bemerken. Wenn wir erwachen, blicken wir zurück und sehen, dass Gott uns immer lenkte und aufrechterhielt.

462. – Zuerst, wann immer ich in die Sünde zurückfiel, pflegte ich zu weinen und mir selbst und Gott zu zürnen, es zugelassen zu haben. Später wagte ich höchstens noch zu fragen: „Warum hast du mich wieder im Schmutz gewälzt, O mein Spielkamerad?“ Dann kam mir sogar das zu kühn und vermessen vor; ich konnte mich nur noch schweigend erheben, ihm einen Seitenblick zuwerfen – und mich säubern.

463. – Gott hat das Leben so eingerichtet, dass die Welt der Gatte der Seele ist; Krishna ist der göttliche Liebhaber. Wir schulden der Welt einen Dienst und sind durch Gesetz, zwingende Meinung und gemeinsame Erfahrung von Schmerz und Vergnügen an sie gebunden, aber unseres Herzens Verehrung und unsere geheime Freude sind für unseren Geliebten.

464. – Die Freude an Gott ist geheim und wundervoll; sie ist ein Mysterium und ein Glück, worüber der Menschenverstand spöttische Gesichter zieht; aber die Seele, die sie einmal gekostet hat, kann sie niemals lassen, was für weltliche Schande, Pein und Not sie auch bringen mag.

465. – Gott, der Weltguru, ist weiser als dein Mental; vertraue Ihm und nicht jenem ewigen Egoisten und anmaßenden Skeptiker.

466. – Das skeptische Mental zweifelt immer, weil es nicht verstehen kann, aber der Glaube des Gottliebenden fährt fort zu wissen, obwohl er nicht versteht. Beide sind für unsere Dunkelheit nötig, doch darüber, welcher mächtiger ist, kann es keinen Zweifel geben. Was ich jetzt nicht verstehen kann, werde ich eines Tages meistern; wenn ich aber Glauben und Liebe verliere, falle ich vollends von dem Ziel ab, das Gott mir gesetzt hat.

467. – Ich darf Gott, meinem Führer und Lehrer, die Frage stellen: „Habe ich recht, oder hast Du in deiner Liebe und Weisheit zugelassen, dass mein Mental mich täuscht?“ Zweifle an deinem Mental, wenn du willst, aber nicht daran, dass Gott dich führt.

468. – Weil dir zuerst unvollkommene Vorstellungen von Gott gegeben wurden, zürnst du jetzt und leugnest Ihn. Mensch, zweifelst du an deinem Lehrer, weil er dir nicht gleich das gesamte Wissen gab? Untersuche lieber jene unvollkommene Wahrheit und stelle sie an ihren Platz, so dass du gefahrlos zum weiteren Wissen fortschreiten kannst, das sich jetzt vor dir eröffnet.

469. – In dieser Weise lehrt Gott in Seiner Liebe die Kindseele und den Schwächling, Er führt sie Schritt um Schritt und enthält ihnen die Schau Seiner letzten und noch unerreichbaren Berggipfel vor. Und haben wir nicht alle irgendeine Schwäche? Sind wir vor Ihm nicht alle wie kleine Kinder?

470. – Dies habe ich bemerkt, was immer Gott mir vorenthielt, Er tat es aus Liebe und Weisheit. Hätte ich es damals begriffen, so würde ich ein großes Gutes in ein großes Gift verkehrt haben. Manchmal hingegen, wenn wir darauf bestehen, gibt Er uns Gift zu trinken, damit wir uns davon abwenden und Sein Ambrosia und Seinen Nektar im Wissen zu kosten lernen.

471. – Sogar der Atheist müsste nun sehen können, dass die Schöpfung irgendeinem unendlichen und mächtigen Ziel entgegen marschiert, das der Evolution ihrer eigentlichen Natur nach gesetzt ist. Aber unendliches Ziel und Erreichen setzt unendliche Weisheit voraus, die vorbereitet, führt, formt, schützt und rechtfertigt. Verehre also jene Weisheit und huldige ihr mit Gedanken in deiner Seele, wenn nicht mit Weihrauch in einem Tempel, und leugnest du auch das Herz unendlicher Liebe und das Mental unendlichen Selbst-Glanzes. Dann verehrst und huldigst du nämlich, ohne es zu wissen, dennoch Krishna.

472. – Der Herr der Liebe hat gesagt: „Die dem Unwissbaren und Unbestimmbaren nachfolgen, folgen Mir nach, und Ich nehme sie an.“ Er hat mit Seinem Wort den Illusionisten und den Agnostiker gerechtfertigt. Warum schmähst du also, O Frommer, wen dein Meister angenommen hat?

473. – Calvin, der eine ewige Hölle rechtfertigte, kannte Gott nicht, sondern machte eine furchtbare Maske von Ihm zu Seiner ewigen Wirklichkeit. Gäbe es eine endlose Hölle, so könnte sie nur ein Ort endloser Verzückung sein; denn Gott ist Ananda, und eine andere Ewigkeit als die Seiner Seligkeit gibt es nicht.

474. – Als Dante schrieb, Gottes vollkommene Liebe habe die ewige Hölle erschaffen, sprach er vielleicht weiser, als er wusste; denn nach vereinzelten Einblicken kam ich manchmal auf den Gedanken, es gebe eine Hölle, wo unsere Seelen Äonen unerträglicher Ekstase erdulden und gleichsam für immer in der äußersten Umarmung von Rudra, dem Süßen und Schrecklichen, schwelgen.

475. – Anhängerschaft zu Gott, dem Lehrer, Sohnschaft zu Gott, dem Vater, Zärtlichkeit zu Gott, der Mutter, Händedruck des göttlichen Freundes, Lachen und Scherzen mit unserem Gefährten und Spielkameraden, seliger Dienst für Gott, den Meister, verzückte Liebe für unseren göttlichen Geliebten, dies sind die sieben Seligpreisungen des Lebens im menschlichen Körper. Kannst du sie alle in einer einzigen höchsten und regenbogenfarbenen Beziehung miteinander verbinden? Dann brauchst du keinen Himmel irgendwelcher Art und übertriffst die Befreiung des Adwaitin.

476. – Wann wird sich die Welt in ein Ebenbild des Himmels verwandeln? Wenn die ganze Menschheit zu Knaben und Mädchen wird und gemeinsam mit Gott, enthüllt als Krishna und Kali, glücklichster Knabe und stärkstes Mädchen der Schar, in den Paradiesgärten spielt. Das semitische Eden war recht und gut, aber Adam und Eva waren zu erwachsen und deren Gott selbst zu alt und streng und ernst, als dass man das Angebot der Schlange hätte ausschlagen können.

477. – Die Semiten haben die Menschheit mit der Vorstellung von einem Gott bedrückt, der ein strenger und würdevoller König und ernster Richter ist und keine Fröhlichkeit kennt. Die wir aber Krishna gesehen haben, kennen Ihn als einen spielfreudigen Knaben und ein Kind voll Schalk und glücklichem Gelächter.

478. – Ein Gott, der nicht lächeln kann, könnte dies humorvolle Weltall nicht erschaffen haben.

479. – Gott nahm ein Kind, um es an Seiner Brust der Wonne zu liebkosen; jedoch die Mutter weinte und war untröstlich, weil ihr Kind nicht mehr da war.

480. – Leide ich an Schmerz oder Kummer oder an einem Unglück, so sage ich: „Na, mein alter Spielkamerad, du willst mich also wieder einmal ärgern“, und setze mich hin, das Vergnügen des Schmerzes, die Freude des Kummers und das Glück des Unglücks zu genießen; dann sieht Er sich entdeckt und entfernt Seine Geister und Schreckgespenster von mir.

481. – Der Sucher göttlichen Wissens findet in der Schilderung, wie Krishna die Kleider der Gopis stiehlt, eines der tiefsten Gleichnisse von Gottes Umgang mit der Seele – der Gläubige eine vollkommene Übertragung der mystischen Erfahrungen seines Herzens in göttliches Wirken, der Lüsterne und der Puritaner (zwei Gesichter ein und desselben Temperaments) nur eine wollüstige Geschichte. Die Menschen sehen in den Schriften gespiegelt, was in ihnen ist.

482. – Mein Geliebter zog an meinem Kleid der Sünde, und ich ließ es gerne fallen; dann zupfte er am Kleid der Tugend, doch ich schämte mich und hinderte ihn bestürzt. Erst als er es mir gewaltsam entriss, sah ich, wie meine Seele vor mir verborgen gewesen war.

483. – Sünde ist eine List und Verkleidung von Krishna, um sich vor dem Blick der Tugendhaften zu verstecken. Sieh, O Pharisäer, Gott im Sünder, lass Sünde in dir selbst dein Herz läutern; umarme deinen Bruder.

484. – Die Liebe zu Gott, Güte zu den Menschen ist der erste Schritt zu vollkommener Weisheit.

485. – Wer Scheitern und Unvollkommenheit verdammt, verdammt Gott; er beschränkt seine eigene Seele und betrügt seine eigene Schau. Verdamme nicht, sondern beobachte die Natur, hilf deinen Brüdern, heile sie und stärke durch Mitgefühl ihre Fähigkeiten und ihren Mut.

486. – Liebe zum Mann, Liebe zur Frau, Liebe zu den Dingen, Liebe zum Nächsten, Liebe zum Vaterland, Liebe zu den Tieren, Liebe zur Menschheit sind alle die in diesen lebendigen Bildern gespiegelte Liebe Gottes. Liebe also und werde stark, um alles zu genießen, allem zu helfen und immerdar zu lieben.

487. – Sind da Dinge, die sich ganz und gar nicht in Gottes vollkommeneres Bild wandeln oder bessern lassen wollen, so mögen sie mit Zartheit im Herzen, doch schonungslos im Zuschlagen zerstört werden. Aber vergewissere dich erst, dass Gott dir dein Schwert und deine Mission gegeben hat.

488. – Ich sollte meinen Nächsten nicht darum lieben, weil er nahe ist, – denn was ist Nähe und Ferne? Auch nicht darum, weil die Religionen mir sagen, er sei mein Bruder, – denn worauf beruht jene Brüderlichkeit? Sondern darum, weil er ich selber ist. Nähe und Ferne betreffen den Körper, das Herz geht darüber hinaus. Brüderlichkeit ist eine des Blutes, der Heimat, der Religion oder der Menschheit, aber wenn sich der Eigennutz meldet, was wird dann aus dieser Brüderlichkeit? Erst wenn man in Gott lebt und Mental und Herz und Körper in das Bild dieser allumfassenden Einheit prägt, wird diese tiefe, selbstlose und unbeirrbare Liebe möglich.

489. – Lebe ich in Krishna, so verschwinden Ego und Eigennutz, und nur Gott selbst kann meine bodenlose und unbegrenzte Liebe beurteilen.

490. – Wenn man in Krishna lebt, wird sogar Feindschaft ein Spiel der Liebe und ein Ringkampf unter Brüdern.

491. – Für die Seele, die der höchsten Glückseligkeit teilhaftig ist, kann das Leben nicht eine schlimme oder leidvolle Täuschung sein, sondern alles Leben wird zum Plätschern der Liebe und des Lachens eines göttlichen Liebhabers und Spielgefährten.

492. – Vermagst du Gott als das körperlose Unendliche zu sehen und Ihn dennoch so zu lieben wie ein Mann seine Geliebte? Dann ist dir die höchste Wahrheit des Unendlichen enthüllt worden. Vermagst du den Unendlichen auch in einen Körper zu kleiden, den man umarmen kann, und Ihn in jedem einzelnen dieser sicht- und greifbaren Körper zu sehen? Dann ist auch seine weiteste und tiefste Wahrheit in deinen Besitz gelangt.

493. – Die Göttliche Liebe hat zugleich ein doppeltes Spiel: eine universale Bewegung, tief, ruhig und bodenlos wie der untere Ozean, der auf der ganzen Welt und jedem Ding darin mit gleichem Druck wie auf ebenem Bette lastet, und eine persönliche Bewegung, ungestüm, intensiv und ekstatisch wie die tanzende Oberfläche desselben Ozeans, die Höhe und Gewalt ihrer Wogen wechselt und sich die Gegenstände auswählt, auf die sie fallen will mit dem Kuss ihres Schaums und ihrer Gischt und der Umarmung ihrer überflutenden Wasser.

494. – Ich pflegte Schmerz zu hassen und zu meiden und mich über seine Zufügung zu ärgern; jetzt aber erkenne ich, hätte ich nicht so gelitten, so besäße ich nun nicht, geübt und vollendet, dies unendlich und vielfältig sensitive Vermögen zur Verzückung in Mental, Herz und Körper. Gott rechtfertigt sich am Ende sogar dann, wenn Er sich als Schinder und als Tyrann verkleidet hat.

495. – Ich schwor mir, am Schmerz und an der Dummheit, an der Grausamkeit und Ungerechtigkeit der Welt nicht zu leiden, und machte mein Herz so hart im Ertragen wie der untere Mühlstein und mein Mental wie geschliffenen Stahl. Ich litt nicht mehr, aber die Freude war von mir gewichen. Da brach Gott mir das Herz auf und rodete mir das Mental. Ich stieg durch furchtbare, unaufhörliche Qual zu seliger Schmerzlosigkeit empor, und durch Kummer, Entrüstung und Auflehnung zu unendlichem Wissen und festem Frieden.

496. – Als ich herausfand, dass Schmerz die Rückseite und die Schulung der Verzückung ist, suchte ich Schläge auf mich zu häufen und Leiden in all meinen Wesensteilen zu mehren; denn selbst Gottes Martern schienen mir langsam, leicht und unwirksam. Da musste mein Geliebter mir Einhalt gebieten: „Hör auf, denn meine Hiebe sind genug für dich.“

497. – Die Selbstkasteiung der alten Mönche und Büßer war zwar verkehrt und dumm, doch war eine geheime Seele des Wissens hinter ihren Verkehrtheiten.

498. – Gott ist unser weiser und vollkommener Freund; denn er weiß, wann zu schlagen und ebenso gut, wie wann zärtlich zu sein, wann uns zu töten nicht weniger als wann zu retten und beizustehen.

499. – Der göttliche Freund aller Geschöpfe verbirgt Seine Freundschaft hinter der Maske eines Feindes, bis Er uns für die höchsten Himmel vorbereitet hat; dann wird, wie in Kurukshetra, die schreckliche Form des Herrn des Kampfes, des Leidens und der Zerstörung zurückgenommen, und das süße Antlitz, die Innigkeit und der oft umarmte Körper Krishnas erstrahlen der erschütterten Seele und den geläuterten Augen seines ewigen Gefährten und Spielkameraden.

500. – Leiden macht uns für die volle Kraft des Herrn der Wonne tauglich; es befähigt uns auch, das andere Spiel, das des Herrn der Macht, zu ertragen. Schmerz ist der Schlüssel, der die Tore der Stärke öffnet; er ist die Heerstraße, die zur Stadt der Glückseligkeit führt.

501. – Dennoch aber, O Seele des Menschen, trachte nicht nach Schmerz, denn das ist nicht Sein Wille, sondern trachte einzig nach Seiner Freude; was das Leiden betrifft, so kommt es in Seiner Vorsehung schon so oft und so viel zu dir, wie für dich nötig ist. Dann ertrage es, damit du schließlich seinen Kern der Verzückung findest.

502. – Auch deinem Nächsten, O Mensch, füge keinen Schmerz zu; Gott allein hat das Recht, Schmerz zuzufügen; oder jene haben es, die Er dazu beauftragt hat. Aber wähne nicht fanatisch, wie es Torquemada tat, du seist einer von ihnen.

503. – In früheren Zeiten gab es eine edle Form der Beteuerung für Seelen, die nur von Kraft und Handeln erfüllt sind: „So wahr Gott lebt!“ Aber für unsere modernen Bedürfnisse würde eine andere Beteuerung besser passen: „So wahr Gott liebt!“

504. – Wissenschaft ist für den Gottliebenden und den Gottwissenden darum besonders nützlich, weil sie ihm ermöglicht, die seltsamen Wunder Seiner stofflichen Kunstfertigkeit im einzelnen zu begreifen und zu bewundern. Der eine lernt und ruft aus: „Sieh, wie der Spirituelle Geist sich im Stoff offenbart hat!“; der andere: „Sieh die Berührung meines Geliebten und Meisters, des vollendeten Künstlers, der allmächtigen Hand!“

505. – O Aristophanes des Weltalls, der du deine Welt betrachtest und herzlich bei dir selber lachst, willst du nicht auch mich mit göttlichen Augen sehen lassen, damit ich in dein weltweites Lachen mit einstimmen kann?

506. – Kalidasa sagt in einem gewagten Bild, die verschneiten Felsen des Kailasa seien das laute Welt-Gelächter Shivas, das sich in völliger Weiße und Reinheit auf den Gipfeln türmt. Das ist wahr, und wenn ihr Bild auf das Herz fällt, schmelzen die Sorgen der Welt wie die Wolken darunter in ihre tatsächliche Nichtigkeit dahin.

507. – Die seltsamste Erfahrung der Seele ist die: Hört sie auf, sich um das Bild und die Drohung von Schwierigkeiten zu kümmern, so sind diese weit und breit nicht mehr zu finden. Und von hinter jenen unwirklichen Wolken hören wir dann Gott uns auslachen.

508. – Hast du bei deinem Bemühen Erfolg gehabt, O Titan? Thronst du wie Ravana und Hiranyakashipou, von den Göttern bedient und als Herr der Welt? Wonach deine Seele aber wirklich jagte, das ist dir entgangen.

509. – Ravanas Kopf dachte, er lechze nach Weltherrschaft und den Sieg über Rama; aber das Ziel, das seine Seele sich beständig vor Augen hielt, war, so bald wie möglich in ihren Himmel zurückzukehren und wieder Gottes Knecht zu sein. Darum, als der kürzeste Weg, warf sie sich in rasender Umklammerung des Feindes gegen Gott.

510. – Die größte aller Freuden ist es, wie Naraka Sklave Gottes zu sein; die schlimmste aller Höllen dagegen, von Gott verlassen Herr der Welt zu sein. Was der unwissenden Vorstellung von Gott das Nächste scheint, ist von Gott am fernsten.

511. – Gottes Diener ist etwas; größer ist Gottes Sklave.

512. – Herr der Welt zu sein wäre allerdings höchste Glückseligkeit, sofern man allgemein geliebt würde; dazu aber müsste man zugleich Sklave der ganzen Menschheit sein.

513. – Rechnest du schließlich deinen langen Dienst an Gott zusammen, so geht dir auf, dass dein größtes Werk das mangelhafte und wenige Gute war, das du aus Liebe zur Menschheit getan hast.

514. – Zwei Werke gibt es, die Gott bei seinem Knecht vollkommen gefallen: in stiller Anbetung Seine Tempelböden zu fegen, und auf dem Kampfplatz der Welt für Seine göttliche Vollendung in der Menschheit zu streiten.

515. – Wer für Menschen auch nur ein wenig Gutes getan hat, und wäre er auch der ärgste Sünder, wird von Gott in die Reihen Seiner Liebenden und Diener aufgenommen. Er wird des Angesicht des Ewigen schauen.

516. – O Narr deiner Schwäche, verdecke dir nicht Gottes Antlitz mit einem Schleier der Ehrfurcht, nahe Ihm nicht in bittstellerischer Untertänigkeit. Schau! Nicht den feierlichen Ernst eines Königs und Richters wirst du auf Seinem Angesicht sehen, sondern das Lächeln des Geliebten.

517. – Bis du es lernst, mit Gott dich auseinanderzusetzen wie ein Ringer mit seinem Kampfgenossen, wird dir die Stärke deiner Seele immer verborgen bleiben.

518. – Sumbha liebte Kali erst mit Herz und Körper, dann zürnte er ihr und bekämpfte sie, schließlich gewann er die Oberhand, ergriff sie bei den Haaren und wirbelte sie in den Himmeln dreimal um sich herum; im nächsten Augenblick war er von ihr erschlagen. Dies sind die vier Schritte des Titanen zur Unsterblichkeit, von denen der letzte der längste und mächtigste ist.

519. – Kali ist Krishna, enthüllt als schreckliche Macht und stürmische Liebe. Sie erschlägt mit ihren grimmigen Streichen das Ich im Körper, Leben und Mental, um es als ewigen Geist zu befreien.

520. – Unsere Eltern fielen, nach dem tiefen semitischen Gleichnis, weil sie von der Frucht des Baumes von Gut und Böse kosteten. Hätten sie zugleich vom Baum des ewigen Lebens genommen, so wären sie der unmittelbaren Folge entgangen; aber Gottes Absicht in der Menschheit wäre vereitelt gewesen. Sein Zorn ist unser ewiger Vorteil.

521. – Wäre Hölle möglich, dann führte sie auf dem kürzesten Weg zum Himmel. Denn wahrlich, Gott liebt.

522. – Gott treibt uns aus jedem Eden, damit wir gezwungen seien, durch die Wüste zu reisen zu einem göttlicheren Paradies. Wunderst du dich, ob jener öde und grimmige Durchgang wirklich nötig sei, so lässt du dich vom Mental zum Narren halten und hast die Seele dahinter mit ihren undeutlichen Wünschen und geheimen Verzückungen nicht erforscht.

523. – Ein gesundes Mental hasst den Schmerz; denn das Verlangen nach Schmerz, das Menschen manchmal in ihrem Mental entwickeln, ist krankhaft und naturwidrig. Aber die Seele kümmert sich um das Mental und seine Leiden nicht mehr als der Eisenhüttenmeister um den Schmerz des Erzes im Hochofen; sie folgt ihrem eignen Bedürfnis und ihrem eigenen Drang.

524. – Mitleid ist manchmal ein guter Ersatz für Liebe; aber es ist eben nie mehr als ein Ersatz.

525. – Selbstmitleid beruht stets auf Eigenliebe; Mitleid mit anderen aber beruht nicht immer auf Liebe für sie. Manchmal ist es ein ichbezogenes Zurückschrecken vor dem Anblick des Schmerzes, manchmal des reichen Mannes verächtliches Almosen an die Armen. Entwickle lieber Gottes göttliches Erbarmen als menschliches Mitleid.

526. – Nicht Mitleid, das am Herzen zehrt und das Innere schwächt, sondern göttlich gemeistertes und unbeschwertes Erbarmen und Hilfsbereitschaft ist die Tugend, die wir ermutigen sollten.

527. – Herauszufinden, dass eines Menschen Körper oder Mental von Schmerz zu befreien nicht immer zum Guten weder der Seele noch des Mentals, noch des Körpers führt, ist eine der bittersten Erfahrungen für den menschlich Mitfühlenden.

528. – Menschliches Mitleid beruht auf Unwissenheit und Schwäche; es ist der Sklave von Gefühlseindrücken. Göttliches Erbarmen versteht, unterscheidet und erlöst.

529. – Unterschiedsloses Erbarmen ist die edelste Gabe des Temperaments; kein Lebewesen auch nur im geringsten zu verletzen, ist die höchste aller menschlichen Tugenden; Gott hingegen übt keines von beiden aus. Ist der Mensch darum edler und besser als der All-Liebende?

530. – Liebe die Menschen und diene ihnen, aber hüte dich davor, ihren Beifall zu suchen. Besser gehorche Gott in dir.

531. – Nicht die Stimme Gottes und Seiner Engel gehört zu haben, ist die Auffassung der Welt von einem gesunden Verstand.

532. – Sieh Gott überall und lass dich von Masken nicht erschrecken. Glaube, dass alle Falschheit Wahrheit im Entstehen oder Wahrheit im Vergehen ist, alles Scheitern verhüllte Wirksamkeit, alle Schwäche Stärke, die sich vor ihrer eigenen Sicht verbirgt, aller Schmerz geheime und heftige Ekstase. Wenn du fest und unentwegt glaubst, wirst du schließlich den All-Wahren, All-Mächtigen und All-Seligen sehen und erfahren.

533. – Menschliche Liebe erliegt der eignen Ekstase, menschliche Stärke erschöpft sich in der eigenen Anstrengung, menschliches Wissen wirft einen Schatten, der die halbe Kugel der Wahrheit vor dem eigenen Sonnenlicht verbirgt; göttliches Wissen aber umfasst gegensätzliche Wahrheiten und versöhnt sie, göttliche Stärke nimmt mit der Fülle ihrer Verausgabung zu, göttliche Liebe kann sich ganz und gar verschwenden, ohne je schwächer oder weniger zu werden.

534. – Dass es auf seiner Suche nach Wahrheit Falsches verwirft, ist einer der Hauptgründe, warum das Mental die feste, runde und vollkommene Wahrheit nicht erlangen kann; nicht Falschem zu entgehen strebt das göttliche Mental, sondern die Wahrheit zu ergreifen, die maskiert auch hinter dem groteskesten oder abwegigsten Irrtum liegt.

535. – Die ganze Wahrheit über jeden beliebigen Gegenstand ist eine gerundete und allumfassende Kugel, die immerdar das eine und einzige Subjekt und Objekt des Wissens umkreist, ohne es je zu berühren, nämlich Gott.

536. – Es gibt viele tiefsinnige Wahrheiten, die als Waffen dem Ungeübten gefährlich werden. Richtig gehandhabt, sind sie die wertvollsten und mächtigsten in Gottes Arsenal.

537. – Die eigensinnige Hartnäckigkeit, mit der wir uns an das dürftige, bruchstückhafte, von Nacht umringte individuelle Dasein auch dann noch klammern, wenn die ungebrochene Seligkeit unseres universalen Lebens uns ruft, ist eines der erstaunlichsten von Gottes Mysterien. Dem kommt nur die unendliche Blindheit gleich, mit der wir einen Schatten von unserem Ego über die ganze Welt werfen und ihn das universale Wesen nennen. Diese beiden Dunkelheiten sind die eigentliche Essenz und Gewalt der Maya.

538. – Atheismus ist der Schatten oder die dunkle Seite der höchsten Wahrnehmung von Gott . Jede Formel, in die wir Gott fassen, obgleich stets wahr als ein Symbol, wird falsch, sobald wir sie als ausreichende Formel annehmen. Der Atheist und der Agnostiker kommen, uns an diesen Irrtum zu erinnern.

539. – Gottes Verneinungen sind ebenso nützlich wie Seine Bejahungen. Er ist es, der zur weiteren Vollendung menschlichen Wissens als Atheist Seine eigene Existenz leugnet. Es genügt nicht, Gott in Christus und Ramakrishna zu sehen und Seine Worte zu hören; wir müssen Ihn auch in Huxley und Haeckel sehen und hören.

540. – Kannst du Gott in deinem Folterknecht und Henker sehen, sogar im Augenblick deines Todes oder in den Stunden deiner Qual? Kannst du Ihn in dem sehen, was du tötest, sogar während du tötest, Ihn sehen und lieben? Du hast deine Hand auf dem höchsten Wissen. Wie soll der zu Krishna gelangen, der nie Kali angebetet hat?

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