Kapitel 2

Sich des seelischen Wesens bewusst zu werden: das Erfordernis der Sadhana

Im gewöhnlichen Leben gibt es nicht eine Person in einer Million, die einen bewussten Kontakt mit ihrem seelischen Wesen hat, und wäre es nur für einen Augenblick. Das seelische Wesen mag von innen wirken, doch für das äußere Wesen so unsichtbar und unbewusst, dass es den Anschein hat, als würde es nicht existieren. Und in den meisten Fällen scheint es, als würde die riesige Mehrheit, beinahe die Gesamtheit der Menschen schlafen, als wären sie überhaupt nicht aktiv, als befänden sie sich in einer Art Apathie.

Nur mit Hilfe der Sadhana und einer sehr beharrlichen Bemühung ist es möglich, einen bewussten Kontakt mit dem seelischen Wesen zu haben. Natürlich gibt es möglicherweise Ausnahmen – doch sind diese wirklich so ungewöhnlich und es sind ihrer so wenige, dass sie gezählt werden können –, wo das seelische Wesen voll geformt ist, ein befreites Wesen, Herr seiner selbst, das gewählt hat in einem menschlichen Körper zur Erde zurückzukehren, um eine Arbeit zu verrichten. Und in solch einem Fall, selbst wenn die betreffende Person keine bewusste Sadhana ausübt, in solch einem Fall ist es möglich, dass das seelische Wesen mächtig genug ist, um eine mehr oder weniger bewusste Beziehung herzustellen. Aber diese Fälle sind sozusagen einzigartig, und sie sind die Ausnahme, welche die Regel bestätigt.

In beinahe allen Fällen ist eine sehr, sehr anhaltende Bemühung notwendig, um sich seines seelischen Wesens bewusst zu werden. Wenn man es in dreißig Jahren fertigbringt, wird man als vom Glück sehr begünstigt angesehen – ich meine dreißig Jahre einer anhaltenden Bemühung. Es kann sein, dass es rascher geht. Doch ist das derart selten, dass man sofort sagt: „Dies ist kein gewöhnliches, menschliches Wesen.“ Das trifft auf solche Menschen zu, die als mehr oder weniger göttliche Wesen betrachtet werden, die große Yogis waren, große Initiierte.

DIE MUTTER (7:273)

Du hast mir geschrieben, dass es nicht leicht ist, mit dem seelischen Wesen in Kontakt zu kommen. Warum siehst du es als schwierig an? Wie soll ich damit beginnen?

Ich sagte „nicht leicht“, da der Kontakt nicht spontan ist – er ist willkürlich. Das seelische Wesen hat immer einen Einfluss auf die Gedanken und Tätigkeiten, doch ist man sich dessen selten bewusst. Um sich des seelischen Wesens bewusst zu werden, muss man es wollen, man muss sein Mental so still wie möglich machen und tief in das Herz des eigenen Wesens eintreten, jenseits von Gefühlen und Gedanken. Man muss die Gewohnheit einer schweigenden Konzentration annehmen und in die Tiefe seines Wesens hinabsteigen.

Die Entdeckung des seelischen Wesens ist eine eindeutige und sehr konkrete Tatsache, wie alle wissen, die diese Erfahrung hatten.

DIE MUTTER (16:397)