Kapitel 2

Meditation, Hingabe und Wirken

Worte Sri Aurobindos

Meditation ist im Übrigen ein Vorgang, der zum und durch das Wissen führt, eine Sache des Kopfes und nicht des Herzens. Wenn du also dhyana willst, darfst du keine Abneigung gegen das Wissen haben. Die Konzentration im Herzen ist nicht Meditation, sie ist ein Ruf nach dem Göttlichen, dem Geliebten. Dieser Yoga ist auch kein Yoga des Wissens allein – Wissen ist eines seiner Mittel –, sondern sein Fundament ist die Selbstdarbringung, die Hingabe und Bhakti. Er gründet sich im Herzen, und nichts kann letzten Endes ohne diese Grundlage geschehen. Es gibt viele Menschen hier, die Japa tun oder getan haben, doch vergleichsweise sehr wenige, die die „Kopf“-Meditation ausüben. Liebe, Bhakti und Werke sind gewöhnlich die Grundlage. Wie viele können durch das Wissen voranschreiten? Nur einige wenige.

Worte Sri Aurobindos

Meditation ist ein Mittel der Annäherung an das Göttliche und ein großer Weg, doch kann man sie nicht als Abkürzung bezeichnen – denn meist ist es ein langer und höchst schwieriger, wenn auch sehr hoher Aufstieg. Sie kann unter gar keinen Umständen eine Abkürzung genannt werden, außer sie bringt eine Herabkunft, und selbst dann ist das nur eine rasch gelegte Grundlage. Nachher muss durch die Meditation auf dieser Grundlage mühsam ein großer Überbau errichtet werden. Sie ist absolut unerlässlich, hat aber nichts von einer Abkürzung an sich.

Ein viel einfacherer Weg ist Karma, die Arbeit, vorausgesetzt das eigene Mental ist auf das Karma nicht bis zum Ausschluss des Göttlichen fixiert. Das Ziel ist das Göttliche, und die Arbeit kann nur ein Instrument sein. Zu dichten und so weiter bedeutet, in Verbindung mit dem inneren Wesen zu bleiben und die Vorbereitung des direkten Kontaktes mit dem innersten Wesen weiter zu fördern. Doch darf man hier nicht haltmachen, sondern muss zur eigentlichen Sache fortschreiten. Zu glauben, ein Schriftsteller, ein Dichter oder Maler zu sein sei etwas, das um seiner selbst willen wertvoll ist, hat nichts mehr mit yogischem Geist zu tun. Daher muss ich manchmal betonen, dass wir Yogis sind und nicht etwa Maler oder Dichter und so weiter.

Liebe, Bhakti, Überantwortung, das seelische Sich-Öffnen sind die einzigen Abkürzungen zum Göttlichen – oder können es sein. Wenn Liebe und Bhakti zu vital sind, schwankt man voraussichtlich hin und her zwischen ekstatischer Erwartung und viraha, abhiman und Verzweiflung, die keine Abkürzungen sind, sondern ein langer Weg, ein Zick-Zack Pfad – kein gerader Flug, sondern ein Kreisen um das eigene Ego, statt eines schnellen Ausschreitens auf das Göttliche zu.

Worte Sri Aurobindos

Was nennst du Meditation? Die Augen schließen und sich konzentrieren? Das ist nur eine Methode, das wahre Bewusstsein herabzurufen. Sich mit dem wahren Bewusstsein zu einen oder seine Herabkunft zu fühlen – nur das ist von Bedeutung, und umso besser, wenn es ohne die übliche Methode kommt, so wie es mir immer geschah. Meditation ist nur ein Mittel oder Verfahren. Die wahre Regung ist, selbst beim Laufen, Arbeiten oder Sprechen noch in der Sadhana zu sein.

Worte Sri Aurobindos

Du brauchst dir keine Gedanken zu machen über die Zeit, die du der Tätigkeit und schöpferischer Arbeit widmest. Für jene, die ein expansives schöpferisches Vital haben oder ein Vital, das zum Handeln geschaffen ist, ist es am besten, wenn das Vital nicht von seiner Bewegung abgehalten wird. Sie können sich auf diese Weise schneller entwickeln als durch die nach innen gewandte Meditation. Das einzig Wichtige ist, dass sie die Tätigkeit weihen, damit sie dadurch mehr und mehr vorbereitet werden, die Göttliche Kraft zu fühlen und ihr zu folgen, wenn diese sie bewegt. Es ist falsch zu glauben, dass die nach innen gerichtete Meditation unweigerlich der beste oder einzige Weg des Yoga ist.

Worte Sri Aurobindos

…Im Gegenteil, diese Verwirklichung muss im Wachzustand stattfinden und anhalten, um eine Wirklichkeit im Leben zu sein. Wenn sie nur in Trance erfahren würde, wäre sie ein überbewusster Zustand, der zwar für irgendeinen inneren Teil des Wesens wahr, doch ohne Wirklichkeit für das gesamte Bewusstsein ist. Erfahrungen in Trance haben ihren Wert, um das Wesen zu öffnen und vorzubereiten, doch nur wenn die Verwirklichung im Wachzustand anhält, ist sie tatsächlich gefestigt. Daher wird in diesem Yoga so großer Wert auf eine Verwirklichung und Erfahrung im Wachzustand gelegt.

In einem ruhigen, sich immer mehr weitenden Bewusstsein zu arbeiten, ist Sadhana und Siddhi zugleich.

Worte Sri Aurobindos

Es gibt viele hier im Ashram, die sich nur durch Arbeit vorbereiten können, da ihr Bewusstsein noch nicht für Meditation der intensiveren Art reif ist. Doch selbst für jene, die von Anfang an tief meditieren können, ist in diesem Yoga auch Sadhana durch Arbeit nötig. Man kann nicht durch Meditation allein an sein Ziel gelangen. Was deine Fähigkeit anbelangt, war das offensichtlich, als für recht lange Zeit eine aktive Sadhana in deinem Inneren vorging. Jedoch ist die Kapazität eines jeden begrenzt – wenig kann allein aus eigener Kraft getan werden. Es ist der Verlass auf die Göttliche Kraft, auf die Kraft und das Licht der Mutter und die Öffnung für all das, was das wahre Vermögen ausmacht. Das hast du eine Weile gehabt, es wurde aber, wie bei so vielen anderen, durch das Hochkommen der physischen Natur in ihrer ganzen Kraft verdunkelt. Diese Art Bewölkung tritt fast bei jedem in diesem Stadium auf, muss aber nicht von Dauer sein. Wenn das physische Bewusstsein beschließt, sich zu öffnen, ist weiter nichts mehr nötig für den Fortschritt in der Sadhana.

Worte Sri Aurobindos

Eine halbe Stunde Meditation täglich sollte möglich sein – und sei es nur zu dem Zweck, das Bewusstsein an die Konzentration zu gewöhnen. Das wird dazu beitragen, erstens bei der Arbeit weniger nach außen gerichtet zu sein und zweitens die Neigung zur Empfangsbereitschaft zu entwickeln, was selbst in der Arbeit Früchte tragen kann.

Worte Sri Aurobindos

Konzentration ist sehr hilfreich und notwendig. Je mehr man sich konzentriert (natürlich innerhalb der Möglichkeiten des Körpers und ohne diesen anzustrengen), desto mehr wächst die Kraft des Yoga. Du musst jedoch darauf gefasst sein, dass die Meditation zuweilen nicht erfolgreich ist, und darfst dich darüber nicht aufregen – denn derartige Schwankungen in der Meditation gibt es bei jedem.

Worte Sri Aurobindos

Es schadet nicht, sich einmal im Herzen und dann oberhalb des Kopfes zu konzentrieren. Egal wo man sich konzentriert, sollte man nicht schlussfolgern, dass man sich ständig auf diese Stelle konzentrieren muss. Vielmehr muss man sich mit seinem Bewusstsein an einer der beiden Stellen niederlassen und sich nicht auf diese Stelle, sondern auf das Göttliche konzentrieren. Das lässt sich sowohl mit geschlossenen als auch mit offenen Augen bewerkstelligen, je nachdem, was einem am meisten zusagt.

Worte Sri Aurobindos

Es ist auf jeden Fall viel besser, nach der Meditation noch eine Weile still und ruhig zu bleiben. Eine Meditation sollte man nie auf die leichte Schulter nehmen – dies zu tun, wäre ein Fehler, denn man ist dann nicht mehr aufnahmebereit oder vertut das, was man empfangen hat, oder zumindest den Großteil davon.