Kapitel 13

Wenn Kinder unbedingt etwas haben wollen

Worte der Mutter

Liebe Mutter, warum haben einige Kinder die Gewohnheit, immer um etwas zu bitten? Materielle Dinge, wie Süßigkeiten, alles, was sie sehen…

Oh, weil sie voller Wünsche sind. Sie wurden wahrscheinlich mit Schwingungen von Wünschen geformt, und da sie keine Kontrolle über sich selbst haben, werden diese unbehindert ausgedrückt. Ältere Menschen sind auch voller Wünsche, aber gewöhnlich haben sie eine Art von … wie nennen wir es? … Sie sind ein wenig scheu, ihre Wünsche zu zeigen, oder sie fühlen ein wenig Scham oder fürchten vielleicht, dass man über sie lachen wird; daher zeigen sie sie nicht. Sie sind auch voll von Wünschen. Nur sind Kinder von Natur direkter. Wenn sie etwas haben wollen, sagen sie es. Sie reden sich nicht ein, dass es vielleicht klüger wäre, es nicht zu zeigen, weil sie noch nicht diese Art von Vernunftdenken haben. Aber ganz allgemein gesagt, glaube ich, mit sehr wenigen Ausnahmen, dass die Leute in ständigem Begehren leben. Nur drücken sie es nicht aus und manchmal schämen sie sich auch, es sich selbst gegenüber einzugestehen. Aber sie ist vorhanden, diese Notwendigkeit, etwas zu haben … du weißt ja, man sieht etwas Schönes, und gleich überträgt es sich in einen Wunsch, es zu besitzen; und das ist eines der Dinge … es ist absolut kindisch. Es ist kindisch und gewiss lächerlich, denn mindestens neunzig von hundert Malen schaut derjenige, der eine Sache besitzt, sie nicht einmal mehr an, wenn er sie besitzt. Nur selten interessiert sie ihn weiterhin, sobald er sie einmal besitzt, ganz gleich, worum es sich handelt.

Worte der Mutter

Liebe Mutter, wie können wir einem Kind helfen, aus dieser Gewohnheit, immer etwas haben zu wollen, herauszukommen?

Es gibt viele Mittel. Doch zuerst musst du wissen, ob du es nicht bloß einfach davon abhältst, frei auszudrücken, was es denkt und fühlt. Denn genau dies tun die Leute gewöhnlich. Sie schelten das Kind, bestrafen es manchmal sogar; und so bildet das Kind die Gewohnheit heran, seine Wünsche zu verbergen. Aber es wird nicht von ihnen befreit. Und wenn man ihm ständig sagt: „Nein, das bekommst du nicht“, dann verfestigt sich in ihm ganz einfach dieser Eindruck: „Ah, wenn man klein ist, geben die Leute einem nichts! Du musst warten, bis du groß bist. Wenn ich groß bin, werde ich alles haben, was ich möchte.“ So verhält es sich. Aber das befreit sie nicht vom Wunsch. Es ist sehr schwierig, ein Kind großzuziehen. Es gibt eine Methode, die darin besteht, ihm alles zu geben, was es haben möchte; und ganz natürlich wird es in der nächsten Minute etwas anderes haben wollen, denn das ist das Gesetz, das Gesetz des Begehrens: nie zufrieden zu sein. Wenn es nun intelligent ist, kann man ihm sagen: „Schau, du wolltest unbedingt diese Sache haben und jetzt hast du kein Interesse mehr daran. Du willst etwas anderes haben.“ Wenn es aber sehr clever wäre, würde es antworten: „Nun, der beste Weg, um mein Problem zu lösen, ist, mir zu geben, worum ich bitte.“

Einige Leute hängen ihr ganzes Leben an diesem Gedanken. Wenn man ihnen sagt, dass sie ihre Wünsche überwinden sollen, sagen sie: „Der leichteste Weg ist, sie zu befriedigen.“ Diese Art von Logik scheint untadelig zu sein. Die Tatsache aber ist, dass nicht das begehrte Objekt gewechselt werden muss, sondern der Impuls des Begehrens, die Regung des Begehrens ist umzuwandeln. Und dafür ist eine Menge Wissen notwendig, und dies ist schwierig für ein sehr kleines Kind.

Es ist schwierig. Gewiss haben sie nicht die Fähigkeit zum Vernunftdenken; man kann ihnen die Dinge nicht erklären, weil sie die Gründe nicht verstehen. Verstehst du, wenn es sich so verhält, sagen die Eltern dem Kind gewöhnlich: „Sei still, du störst nur!“ Auf diese Weise gehen sie der Schwierigkeit aus dem Weg. Aber das ist keine Lösung. Es ist sehr schwierig. Eine beharrliche Bemühung und eine unerschütterliche Geduld sind erforderlich. Einige Leute sind so ihr ganzes Leben; sie sind ihr ganzes Leben wie Babys, und es ist unmöglich, an ihre Vernunft zu appellieren. Sobald man ihnen sagt, dass sie nicht vernünftig sind, und dass man ihnen nicht ständig Dinge geben kann, um ihre Wünsche zu befriedigen, denken sie einfach „diese Leute sind unfreundlich, diese Person ist nicht nett“. So verhält es sich.

Tatsächlich sollte man vielleicht damit beginnen, dass man die Regung des Begehrens auf Dinge umlenkt, deren Erlangung vom wahren Standpunkt besser ist, und die schwerer zu erwerben sind. Wenn man diesen Impuls des Begehrens richten könnte auf… Wenn ein Kind zum Beispiel voller Wünsche ist, wenn man ihm dann ein Begehren höherer Art geben könnte – anstatt dass es sich um ein Begehren nach rein materiellen Dingen handelt, um eine völlig kurzlebige Befriedigung –, wenn man in ihm das Verlangen erwecken könnte, das Verlangen zu erkennen, das Verlangen zu lernen, eine bemerkenswerte Persönlichkeit zu werden … auf diese Weise, damit sollte man beginnen. Da diese Dinge schwierig zu tun sind, wird es allmählich seinen Willen zu diesen Dingen entwickeln. Oder selbst – vom materiellen Standpunkt – das Verlangen haben, etwas Schwieriges zu tun, wie zum Beispiel, ein Spielzeug zu konstruieren, das schwer herzustellen ist – oder gib ihm ein Geduldspiel, das viel Ausdauer erfordert.

Wenn man ihnen eine Richtung geben kann – das erfordert tiefes Verständnis, viel Geduld, aber es kann vollbracht werden –, und wenn man die Kinder auf etwas dieser Art hinlenken kann, sehr schwere Spiele zu meistern oder sich etwas zu erarbeiten, was viel Hinwendung und Aufmerksamkeit erfordert, und wenn man sie in eine solche Richtung führen kann, so dass sich ein beharrlicher Wille in ihnen heranbildet, dann kann dies zu Resultaten führen: Lenke ihre Aufmerksamkeit von gewissen Dingen auf andere um. Dies erfordert ständige Zuwendung und scheint ein Weg zu sein, der – ich kann nicht sagen am einfachsten, denn sicher ist er nicht einfach – aber am effektivsten ist. ‚Nein‘ zu sagen, löst nicht das Problem und ‚ja‘ zu sagen, tut es ebenfalls nicht; und manchmal wird es ganz natürlich auch äußerst schwierig.

Ich kannte zum Beispiel Leute, deren Kinder alles essen wollten, was sie sahen. Man erlaubte es ihnen. So erkrankten sie schwer. Danach empfanden sie Ekel. Aber das ist ein wenig riskant, nicht wahr? Es gibt Kinder, die mit allem spielen wollen. Nun bekam ein Kind eines Tages eine Streichholzschachtel zu fassen. Anstatt ihm zu sagen, „fasse sie nicht an“, ließen sie es gewähren: Es verbrannte sich. Danach fasste es sie nie wieder an.

Aber es ist ein wenig riskant, denn einige Kinder sind ganz unbewusst und sehr waghalsig in ihrem Begehren; nehmt nur jene, die gern auf einer schmalen Mauer gehen oder auf einem Dach, oder die das Verlangen haben, ins Wasser zu springen, wenn sie es sehen, in einen Fluss … siehst du, das wird manchmal sehr schwierig … oder jene, die die Manie haben, die Straße überqueren zu wollen: Jedes Mal, wenn sie einen Wagen kommen sehen … versuchen sie, die Straße zu überqueren. Wenn man sie also gewähren lässt, kann die Erfahrung eines Tages verhängnisvoll sein…

Wahrscheinlich muss man einen Mittelweg zwischen den beiden Extremen finden: Zwischen dem einen, dass man ständig über das Kind wacht, und dem anderen, es absolut tun zu lassen, was es will, ohne es auch nur vor Unfällen zu warnen, die sich ereignen können. Man muss sich jede Minute auf die gegebene Situation einstellen! Schwierig.