atha ekādaśo ‘dhyāyaḥ – viśva-rūpa-darśana-yogaḥ

11. Kapitel: Der Yoga der Schau der All-Gestalt

Gita 11.1

arjuna uvāca |

mad anugrahāya paramaṁ guhyam adhyātma-saṁjñitam |

yat tvayoktaṁ vacas tena moho 'yaṁ vigato mama ||1||

1. Arjuna sprach:
Aus Mitleid hast Du dies Wort vom tiefsten spirituellen Geheimnis des Seins zu mir gesprochen. Dadurch ist meine Verblendung aufgehoben.

Gita 11.2

bhavāpyayau hi bhūtānāṁ śrutau vistaraśo mayā |

tvattaḥ kamala-patrākṣa māhātmyam api cāvyayam ||2||

2. Über Entstehen und Vergehen der Daseinsformen habe ich nun ausführlich von Dir, O Lotosäugiger, gehört, und ebenso über die unvergängliche Größe der göttlichen Seele.

Gita 11.3

evam etad yathāttha tvam ātmānaṁ parameśvara |

draṣṭum icchāmi te rūpam aiśvaraṁ puruṣottama ||3||

3. So ist es, wie Du Dich selbst dargestellt hast, O Höchster Herr. Ich begehre nun, Deine göttliche Gestalt und Deinen göttlichen Körper zu erblicken, O Purushottama.

Gita 11.4

manyase yadi tac chakyaṁ mayā draṣṭum iti prabho |

yogeśvara tato me tvaṁ darśayātmānam avyayam ||4||

4. Wenn Du meinst, dass es von mir erkannt werden kann, O Herr, O Meister des Yoga, dann zeige mir Dein unvergängliches Selbst.

Gita 11.5

śrī bhagavān uvāca |

paśya me pārtha rūpāṇi śataśo 'tha sahasraśaḥ |

nānā-vidhāni divyāni nānā-varṇākṛtīni ca ||5||

5. Der Erhabene sprach:
Erblicke, O Partha, Meine hundert und tausend göttlichen Gestalten, verschieden nach Art, Form und Farbe.

Gita 11.6

paśyādityān vasūn rudrān aśvinau marutas tathā |

bahūny adṛṣṭa-pūrvāṇi paśyāścaryāṇi bhārata ||6||

6. Schaue die Adityas, die Vasus, die Rudras, die beiden Aswins und auch die Maruts. Betrachte die vielen wunderbaren Erscheinungen, die noch niemand gesehen hat, O Bharata (Arjuna).

Gita 11.7

ihaikasthaṁ jagat kṛtsnaṁ paśyādya sa-carācaram |

mama dehe guḍākeśa yac cānyad draṣṭum icchasi ||7||

7. Hier und heute soll dein Blick die ganze Welt umfassen mit allem Beweglichen und Unbeweglichen, O Gudakesha, das in Meinem Körper vereint ist, und was du sonst noch zu schauen begehrst.

Gita 11.8

na tu māṁ śakyase draṣṭum anenaiva sva-cakṣuṣā |

divyaṁ dadāmi te cakṣuḥ paśya me yogam aiśvaram ||8||

8. Was du sehen sollst, das kann dein menschliches Auge nicht fassen. Es gibt aber ein göttliches Auge (ein innerstes Schauen), und dieses Auge verleihe Ich dir jetzt. Erblicke Mich in Meinem göttlichen Yoga.

Gita 11.9

sañjaya uvāca |

evam uktvā tato rājan mahā-yogeśvaro hariḥ |

darśayāmāsa pārthāya paramaṁ rūpam aiśvaram ||9||

9. Sanjaya sprach:
Als Hari, der Meister des großen Yoga, so gesprochen hatte, O König, da zeigte er dem Partha seine erhabene Gestalt.

Gita 11.10-11

aneka-vaktra-nayanam anekādbhuta-darśanam |

aneka-divyābharaṇaṁ divyānekodyatāyudham ||10||

divya-mālyāmbara-dharaṁ divya-gandhānulepanam |

sarvāścaryamayaṁ devam anantaṁ viśvato-mukham ||11||

10.-11. Es ist die Gestalt der unendlichen Gottheit, deren Angesichter uns überall anblicken. Alle Wunder des Seins existieren in ihr. Unendlich vervielfältigt sie all die wunderbaren Offenbarungen des Seins, ein weltweites Gottwesen, das mit unzählbaren Augen sieht, aus unzähligen Mündern spricht, zum Kampf gewappnet ist mit zahllosen erhobenen göttlichen Waffen, herrlich erstrahlt im heiligen Schmuck der Schönheit, gekleidet ist in himmlischen Gewändern der Göttlichkeit, lieblich anzuschauen ist in den Girlanden aus göttlichen Blüten, duftend von überirdischen Wohlgerüchen.

Gita 11.12

divi sūrya-sahasrasya bhaved yugapad utthitā |

yadi bhāḥ sadṛśī sā syād bhāsas tasya mahātmanaḥ ||12||

12. So hell strahlt das Licht dieses göttlichen Körpers, als ob tausend Sonnen zugleich am Himmel aufgegangen wären.

Gita 11.13

tatraikasthaṁ jagat kṛtsnaṁ pravibhaktam anekadhā |

apaśyad deva-devasya śarīre pāṇḍavas tadā ||13||

13. Die ganze Welt, in ihre Vielfalt zerteilt und doch eine Einheit, wird sichtbar im Körper des Gottes der Götter. Arjuna erblickte ihn (den Gott, großartig, schön und schrecklich, den Herrn der Seelen, der in der Herrlichkeit und Erhabenheit seines Geistes diese wilde und schauerliche, diese geordnete und wundervolle, diese liebliche und schreckliche Welt hat sichtbar werden lassen).

Gita 11.14

tataḥ sa vismayāviṣṭo hṛṣṭa-romā dhanañjayaḥ |

praṇamya śirasā devaṁ kṛtāñjalir abhāṣata ||14||

14. Und überwältigt von Erstaunen, von Freude und von Furcht, beugt er sich tief zu Boden und huldigt dieser erschütternden Erscheinung mit ehrfurchtsvollen Worten und mit gefalteten Händen.

Gita 11.15

arjuna uvāca |

paśyāmi devāṁs tava deva dehe sarvāṁs tathā bhūta-viśeṣa-saṅghān |

brahmāṇam īśaṁ kamalāsana-stham ṛṣīṁś ca sarvān uragāṁś ca divyān ||15||

15. Arjuna sprach:
In Deinem Körper schaue ich all die Götter, O Gott, und die verschiedenen Scharen von Wesen: Brahman, den Schöpfergott, im Lotos sitzend, und die Rishis und das Volk der göttlichen Schlangen.

Gita 11.16

aneka-bāhūdara-vaktra-netraṁ paśyāmi tvāṁ sarvato 'nanta-rūpam |

nāntaṁ na madhyaṁ na punas tavādiṁ paśyāmi viśveśvara viśva-rūpa ||16||

16. Ich erblicke Arme und Körper, Augen und Münder, ich sehe Deine unendlichen Formen zu allen Seiten. Aber ich sehe weder Dein Ende noch Deine Mitte noch Deinen Anfang, O Herr des Weltalls, O allumfassende Gestalt.

Gita 11.17

kirīṭinam gadinaṁ cakriṇaṁ ca tejorāśiṁ sarvato dīptimantam |

paśyāmi tvāṁ durnirīkṣyaṁ samantād dīptānalārka-dyutim aprameyam ||17||

17. Ich sehe Dich mit Deiner Krone, mit Deinem Streitkolben und Deinem Diskus, kaum zu erkennen, denn Du bist eine leuchtende Masse von Energie zu allen Seiten von mir, eine Flammenglut, die mich einschließt, ein sonnenhelles, feuerglühendes Unermessliches.

Gita 11.18

tvam akṣaraṁ paramaṁ veditavyaṁ tvam asya viśvasya paraṁ nidhānam |

tvam avyayaḥ śāśvata-dharma-goptā sanātanas tvaṁ puruṣo mato me ||18||

18. Du bist der erhabene Unwandelbare, den wir erkennen müssen. Du bist das hohe Fundament und der hohe Wohnsitz des Universums. Du bist der unvergängliche Hüter der ewigen Gesetze. Du bist die immerwährende Seele des Seins.

Gita 11.19

anādi-madhyāntam ananta-vīryam ananta-bāhuṁ śaśi-sūrya-netram |

paśyāmi tvāṁ dīpta-hutāśa-vaktraṁ sva-tejasā viśvam idaṁ tapantam ||19||

19. Ich erblicke Dich als den ohne Anfang, Mitte und Ende von unendlicher Stärke, mit zahllosen Armen, Deine Augen sind Sonnen und Monde, Du hast ein Gesicht von flammendem Feuer und entzündest das ganze Weltall mit der Flamme Deiner Energie.

Gita 11.20

dyāv āpṛthivyor idam antaraṁ hi vyāptaṁ tvayaikena diśaś ca sarvāḥ |

dṛṣṭvādbhutaṁ rūpam ugraṁ tavedaṁ loka-trayaṁ pravyathitaṁ mahātman ||20||

20. Aller Raum zwischen Erde und Himmel wird von Dir allein ausgefüllt. Wenn diese Deine wilde und verblüffende Gestalt gesehen wird, winden sich alle drei Welten in Pein und Leiden, O Du mächtiger Geist.

Gita 11.21

amī hi tvāṁ sura-saṅghā viśanti kecid bhītāḥ prāñjalayo gṛṇanti |

svastīty uktvā maharṣi-siddha-saṅghāḥ stuvanti tvāṁ stutibhiḥ puṣkalābhiḥ ||21||

21. Die Scharen der Götter dringen in Dich ein, voll Angst und Anbetung. Die Rishis und die Siddhas, laut rufend „Lass Frieden walten und Glück“, preisen Dich mit vielen Hymnen.

Gita 11.22

rudrādityā vasavo ye ca sādhyā viśve 'śvinau marutaś coṣmapāś ca |

gandharva-yakṣāsura-siddha-saṅghā vīkṣante tvāṁ vismitāś caiva sarve ||22||

22. Die Rudras, Adityas, Vasus, Sadhyas, Vishvas, die beiden Aswins und die Maruts, die Ushmapas, die Gandharvas, die Yakshas und Asuras, die Siddhas, alle haben in erschrockenem Staunen ihre Augen auf Dich gerichtet.

Gita 11.23

rūpaṁ mahat te bahu-vaktra-netraṁ mahā-bāho bahu-bāhūru-pādam |

bahūdaraṁ bahu-daṁṣṭrā-karālaṁ dṛṣṭvā lokāḥ pravyathitās tathāham ||23||

23. Erschüttert und in Angst versetzt ist die Welt mit ihren Nationen, und auch ich bin es angesichts Deiner großen Gestalt mit den vielen Mündern und Augen, O Starkarmiger, den vielen Armen, Schenkeln, Füßen und Bäuchen, schrecklich anzusehen die vielen Zähne.

Gita 11.24

nabhaḥ spṛśaṁ dīptam aneka-varṇaṁ vyāttānanaṁ dīpta-viśāla-netram |

dṛṣṭvā hi tvāṁ pravyathitāntarātmā dhṛtiṁ na vindāmi śamaṁ ca viṣṇo ||24||

24. Ich erblicke Dich, O Vishnu, wie Du bis an den Himmel heranreichst, in vielen Farben erstrahlend, mit geöffneten Mündern und feurigen Augen. Beunruhigt und gequält ist die Seele in meinem Inneren, und ich finde keinen Frieden und keine Freude mehr.

Gita 11.25

daṁṣṭrā-karālāni ca te mukhāni dṛṣṭvaiva kālānala-sannibhāni |

diśo na jāne na labhe ca śarma prasīda deveśa jagan-nivāsa ||25||

25. Da ich auf Deine Münder schaue, schrecklich anzusehen mit ihren vielen Fangzähnen zum Zerstören, auf Deine Gesichter, die den Vernichtungsfeuern von Tod und Zeit gleichen, verliere ich jeden Richtungssinn und finde keinen Frieden mehr. Wende Dein Herz der Gnade zu, O Gott der Götter, Zuflucht aller Welten!

Gita 11.26-27

amī ca tvāṁ dhṛtarāṣṭrasya putrāḥ sarve sahaivāvanipāla-saṅghaiḥ |

bhīṣmo droṇaḥ sūta-putras tathāsau sahāsmadīyair api yodha-mukhyaiḥ ||26||

vaktrāṇi te tvaramāṇā viśanti daṁṣṭrā-karālāni bhayānakāni |

kecid vilagnā daśanāntareṣu sandṛśyante cūrṇitair uttamāṅgaiḥ ||27||

26.-27. Die Söhne des Dhritarashtra, sie alle mit der Vielzahl der Könige und Helden, Bhishma, Drona und Karna zusammen mit den hervorragendsten Kriegern auch auf unserer Seite, sie alle stürzen sich in Deine Hauer und schrecklichen Rachen. Manche sieht man mit zermalmten blutigen Schädeln gefangen zwischen Deinen Zähnen der Macht.

Gita 11.28

yathā nadīnāṁ bahavo ‚mbu-vegāḥ samudram evābhimukhā dravanti |

tathā tavāmī nara-loka-vīrā viśanti vaktrāṇy abhivijvalanti ||28||

28. Wie die Strömung vieler Fluten dem Ozean zueilt, so werden alle diese Helden der Menschenwelt in Deine vielen Flammenmünder hineingerissen.

Gita 11.29

yathā pradīptaṁ jvalanaṁ pataṅgā viśanti nāśāya samṛddha-vegāḥ |

tathaiva nāśāya viśanti lokās tavāpi vaktrāṇi samṛddha-vegāḥ ||29||

29. Wie ein Schwarm von Motten in immer wachsender Hast zu ihrem Verderben hineinfliegt in ein Feuer, das jemand entzündete, so stürzen sich jetzt die Nationen mit wachsender Eile in Deinen Rachen des Verderbens.

Gita 11.30

lelihyase grasamānaḥ samantāl lokān samagrān vadanair jvaladbhiḥ |

tejobhir āpūrya jagat samagraṁ bhāsas tavogrāḥ pratapanti viṣṇo ||30||

30. Die Regionen ringsum leckst Du mit Deinen Zungen und verschlingst alle Völker in Deinem Feuerrachen. Die ganze Welt ist erfüllt von der Glut Deiner Energien. Grell und fürchterlich ist Dein Feuermeer, und es verbrennt uns alle, O Vishnu.

Gita 11.31

ākhyāhi me ko bhavān ugra-rūpo namo 'stu te deva-vara prasīda |

vijñātum icchāmi bhavantam ādyaṁ na hi prajānāmi tava pravṛttim ||31||

31. Erkläre mir, wer Du bist, der Du diese Gestalt des Schreckens trägst. Sei gegrüßt, O Du gewaltige Gottheit! Wende Dein Herz der Gnade zu! Wissen möchte ich, wer Du bist, der Du von Anfang warst. Denn ich kann die Absicht Deines Wirkens nicht verstehen.

Gita 11.32

śrī bhagavān uvāca |

kālo 'smi loka-kṣaya-kṛt pravṛddho lokān samāhartum iha pravṛttaḥ |

ṛte 'pi tvāṁ na bhaviṣyanti sarve ye 'vasthitāḥ pratyanīkeṣu yodhāḥ ||32||

32. Der Erhabene sprach:
Ich bin der Zeit-Geist, der Vernichter der Welt, der sich aufgemacht hat in Riesengestalt zur Vernichtung der Völker. Auch ohne dein Zutun werden alle diese Krieger, die sich in den Heeren gegenüberstehen, nicht mehr sein.

Gita 11.33

tasmāt tvam uttiṣṭha yaśo labhasva jitvā śatrūn bhuṅkṣva rājyaṁ samṛddham |

mayaivaite nihatāḥ pūrvam eva nimitta-mātraṁ bhava savyasācin ||33||

33. Darum erhebe dich! Erwirb dir deinen Ruhm! Besiege deine Feinde! Erfreue dich einer reichen Herrschaft! Durch Mich und niemand sonst sind auch sie bereits erschlagen. Auf dir liegt nur der Vollzug, O Savyasachin.

Gita 11.34

droṇaṁ ca bhīṣmaṁ ca jayadrathaṁ ca karṇaṁ tathānyān api yodha-vīrān |

mayā hatāṁs tvaṁ jahi mā vyathiṣṭhā yudhyasva jetāsi raṇe sapatnān ||34||

34. Töte sie, die schon von Mir getötet sind: Drona, Bhishma, Jayadratha, Karna und die anderen heldenhaften Krieger! Lass keinen Schmerz und keine Verwirrung mehr über dich kommen! Kämpfe, du wirst den Feind in der Schlacht besiegen!

Gita 11.35

sañjaya uvāca |

etac chrutvā vacanaṁ keśavasya kṛtāñjalir vepamānaḥ kirītī |

namaskṛtvā bhūya evāha kṛṣṇaṁ sa-gadgadaṁ bhīta-bhītaḥ praṇamya ||35||

35. Sanjaya sprach:
Als Kiriti (Arjuna) mit gefalteten Händen und zitternd diese Worte Keshavas gehört hatte, huldigte er ihm nochmals und sprach zu Krishna mit versagender Stimme, zutiefst erschrocken und niedergebeugt.

Gita 11.36

arjuna uvāca |

sthāne hṛṣīkeśa tava prakīrtyā jagat prahṛṣyaty anurajyate ca |

rakṣāṁsi bhītāni diśo dravanti sarve namasyanti ca siddha-saṅghāḥ ||36||

36. Arjuna sprach:
Recht und billig ist es, O Krishna, dass die Welt über Deinen Namen jubelt und frohlockt. In Schrecken fliehen vor Dir die Rakshasas nach allen Richtungen, und die Scharen der Siddhas verbeugen sich vor Dir in Anbetung.

Gita 11.37

kasmāc ca te na nameran mahātman garīyase brahmaṇo 'py ādi-kartre |

ananta deveśa jagan-nivāsa tvam akṣaraṁ sad-asat tat-paraṁ yat ||37||

37. Wie sollten sie Dir auch keine Huldigung erweisen, O mächtiger Geist! Denn Du bist der ursprüngliche Schöpfer und Wirkende und größer selbst als der schöpferische Brahman. O Du Unendlicher, O Du Herr der Götter, O Du Wohnsitz des Weltalls! Du bist der Unwandelbare. Du bist das, was ist und was nicht ist, und Du bist, was das Erhabene ist.

Gita 11.38

tvam ādi-devaḥ puruṣaḥ purāṇas tvam asya viśvasya paraṁ nidhānam |

vettāsi vedyaṁ ca paraṁ ca dhāma tvayā tataṁ viśvam ananta-rūpa ||38||

38. Du bist die uralte Seele und die erste und ursprüngliche Gottheit, die erhabene Ruhestätte dieses Alls. Du bist der Wissende und alles, was erkannt werden soll. Du bist der höchste Zustand des Seins. O Du Unendlicher in endlicher Gestalt, durch Dich ist dieses Weltall ausgebreitet worden.

Gita 11.39-40

vāyur yamo 'gnir varuṇaḥ śaśāṅkaḥ prajāpatis tvaṁ prapitāmahaś ca |

namo namas te 'stu sahasra-kṛtvaḥ punaś ca bhūyo 'pi namo namas te ||39||

namaḥ purastād atha pṛṣṭhatas te namo 'stu te sarvata eva sarva |

ananta-vīryāmita-vikramas tvaṁ sarvaṁ samāpnoṣi tato 'si sarvaḥ ||40||

39.-40. Du bist Yama und Vayu und Agni und Soma und Varuna und Prajapati, Vater der Geschöpfe und ihr Urahne. Sei tausendmal gegrüßt und wieder und immer wieder gegrüßt von vorn, von hinten und von allen Seiten, denn Du bist alles und jedes, das ist. Unendlich an Macht, unermesslich an Kraft zum Handeln, durchwaltest Du alles und bist alles.

Gita 11.41-42

sakheti matvā prasabhaṁ yad uktaṁ he kṛṣṇa he yādava he sakheti |

ajānatā mahimānaṁ tavedaṁ mayā pramādāt praṇayena vāpi ||41||

yac cāvahāsārtham asatkṛto ‚si vihāra-śayyāsana-bhojaneṣu |

eko 'thavāpy acyuta tat-samakṣam tat kṣāmaye tvām aham aprameyam ||42||

41.-42. Habe ich je vor Dir ein kühnes und vorschnelles Wort gesprochen, da ich Dich nur als meinen menschlichen Freund und Gefährten ansah, wenn ich sagte: „O Krishna, O Yadava, O Kamerad“; da ich nichts wusste von Deiner Erhabenheit, in unbedachten Irrtum oder in Liebe redete; habe ich Dir je Respektlosigkeit gezeigt in Scherz und Spiel, wenn wir auf den Polstern, dem Ratssitz oder beim Bankett beieinander saßen; wenn ich allein war oder in Deiner Gegenwart, Du Fehlloser –, so erbitte ich Vergebung von Dir, dem Unermesslichen.

Gita 11.43

pitāsi lokasya carācarasya tvam asya pūjyaś ca gurur garīyān |

na tvat-samo 'sty abhyadhikaḥ kuto ‚nyo loka-traye 'py apratima-prabhāva ||43||

43. Du bist der Vater dieser ganzen Welt der sich bewegenden und der unbeweglichen Dinge. Du bist der einzige, dem Anbetung gebührt, das erhabenste Ziel der Verehrung. Niemand ist Dir gleich. Wie könnte denn ein anderer in den drei Welten größer sein als Du, in Deiner Allmacht Unvergleichlicher!

Gita 11.44

tasmāt praṇamya praṇidhāya kāyaṁ prasādaye tvām aham īśam īḍyam |

piteva putrasya sakheva sakhyuḥ priyaḥ priyāyārhasi deva soḍhum ||44||

44. Darum verneige ich mich tief vor Dir. Ich werfe meinen Körper vor Dir zu Boden und verlange Gnade von Dir, dem anbetungswürdigen Herrn. Wie ein Vater mit seinem Sohn, wie ein Freund mit seinem Freund und Kameraden, wie einer, der liebevoll ist zu dem, den er liebt, so sollst Du, O Gottheit, mit mir verfahren.

Gita 11.45

adṛṣṭa-pūrvaṁ hṛṣito 'smi dṛṣṭvā bhayena ca pravyathitaṁ mano me |

tad eva me darśaya deva rūpaṁ prasīda deveśa jagan-nivāsa ||45||

45. Ich habe gesehen, was niemals zuvor gesehen ward, und bin voller Freude, wenn auch mein Verstand von Furcht verwirrt ist. O Gottheit, zeige mir nun Deine andere Gestalt, wende Dein Herz der Gnade zu, Du Herr der Götter, O Du Wohnung des Weltalls!

Gita 11.46

kirīṭinaṁ gadinaṁ cakra-hastam icchāmi tvāṁ draṣṭum ahaṁ tathaiva |

tenaiva rūpeṇa catur-bhujena sahasra-bāho bhava viśva-mūrte ||46||

46. Sehen möchte ich Dich wieder so wie zuvor, den Gekrönten mit Streitkolben und Diskus. Nimm Deine vierarmige Gestalt wieder an, O Du Tausendarmiger, O universale Gestalt.

Gita 11.47

śrī bhagavān uvāca |

mayā prasannena tavārjunedaṁ rūpaṁ paraṁ darśitam ātma-yogāt |

tejomayaṁ viśvam anantam ādyaṁ yan me tvad-anyena na dṛṣṭa-pūrvam ||47||

47. Der Erhabene sprach:
Was du jetzt durch Meine Gunst erschaust, O Arjuna, ist Meine erhabene Gestalt, Meine Gestalt von leuchtender Kraft, die allumfassende, unendliche, ursprüngliche, die niemand unter den Menschen außer dir bis jetzt erblickt hat. Ich habe sie dir durch Meinen Selbst-Yoga gezeigt.

Gita 11.48

na veda-yajñādhyayanair na dānair na ca kriyābhir na tapobhir ugraiḥ |

evaṁ rūpaḥ śakya ahaṁ nṛloke draṣṭuṁ tvad anyena kuru-pravīra ||48||

48. Nicht durch das Studium der Veden, nicht durch Opfer und auch nicht durch Gaben, nicht durch zeremonielle Riten, nicht durch strenge Kasteiungen kann diese Meine Gestalt von jemand anderem als dir geschaut werden, du Vornehmster der Kurus.

Gita 11.49

mā te vyathā mā ca vimūḍha-bhāvo dṛṣṭvā rūpaṁ ghoram īdṛṅ mamedam |

vyapetabhīḥ prīta-manāḥ punas tvaṁ tad eva me rūpam idaṁ prapaśya ||49||

49. Ohne Schmerz solltest du diesen Meinen schrecklichen Anblick ertragen, ohne Verwirrung deines Mentals, ohne dass dir die Glieder versagen. Wirf die Furcht von dir und lass dein Herz frohlocken! Erblicke wieder Meine andere Gestalt!

Gita 11.50

sañjaya uvāca |

ity arjunaṁ vāsudevas tathoktvā svakaṁ rūpaṁ darśayāmāsa bhūyaḥ |

āśvāsayāmāsa ca bhītam enaṁ bhūtvā punaḥ saumya-vapur mahātmā ||50||

50. Sanjaya sprach:
Als Vasudeva so zu Arjuna gesprochen hatte, offenbarte er ihm wieder seine normale (Narayana) Erscheinung. Der Mahatman nahm wieder die ersehnte Gestalt der Gnade, Liebe und Holdseligkeit an und tröstete so den Erschrockenen.

Gita 11.51

arjuna uvāca |

dṛṣṭvedaṁ mānuṣaṁ rūpaṁ tava saumyaṁ janārdana |

idānīm asmi saṁvṛttaḥ sa-cetāḥ prakṛtiṁ gataḥ ||51||

51. Arjuna sprach:
Da ich nun wieder Deine freundlich-menschliche Gestalt erblicke, O Janardana, wird mein Herz von Wonne erfüllt, und ich genese wieder zu meiner eigenen Natur.

Gita 11.52-54

śrī bhagavān uvāca |

sudurdarśam idaṁ rūpaṁ dṛṣṭavān asi yan mama |

devā apy asya rūpasya nityaṁ darśana-kāṅkṣiṇaḥ ||52||

nāhaṁ vedair na tapasā na dānena na cejyayā |

śakya evaṁ-vidho draṣṭuṁ dṛṣṭavān asi māṁ yathā ||53||

bhaktyā tv ananyayā śakya aham evaṁ-vidho 'rjuna |

jñātuṁ draṣṭuṁ ca tattvena praveṣṭuṁ ca parantapa ||54||

52.-54. Der Erhabene sprach:
Die mächtigere Gestalt, die du hast schauen dürfen, ist nur für die wenigen, höchst-entwickelten Seelen. Die Götter selber verlangen immer danach, sie zu betrachten. So wie du Mich erblickt hast, kann ich nicht erkannt werden durch das Studium des Veda, noch durch strenge Kasteiungen, noch durch Gaben oder durch Opfer. Es kann nur erreicht werden durch jenes Bhakti, das allein Mich in allen Dingen betrachtet, anbetet und liebt.

Gita 11.55

mat-karma-kṛn mat-paramo mad-bhaktaḥ saṅga-varjitaḥ |

nirvairaḥ sarva-bhūteṣu yaḥ sa mām eti pāṇḍava ||55||

55. Sei Vollstrecker Meiner Werke! Nimm Mich an als das erhabene Wesen und Ziel! Werde Mein Bhakta! Sei frei von Bindung und ohne Feindschaft zu allen Wesen! Denn solch ein Mensch gelangt zu Mir, O Pandava.


oṃ tat sat iti śrīmadbhagavadgītāsūpaniṣatsu brahmavidyāyāṃ yogaśāstre śrī-kṛṣṇārjunasaṃvāde viśvarūpadarśanayogo nāmaikādaśo 'dhyāyaḥ

Om tat sat. So endet in der vom Herrn gesungenen Upanishad, der Wissenschaft von Brahman, der Schrift vom Yoga und dem Dialog zwischen Sri Krishna und Arjuna das elfte Kapitel mit dem Titel „Der Yoga der Schau der All-Gestalt“.