Kapitel 10

Alpträume

Worte der Mutter

Welcher Teil des Wesens tritt bei einem vitalen Alptraum aus dem Körper?

Dein Vital geht spazieren – zwar nicht das ganze, denn das würde einen kataleptischen Zustand bewirken, aber ein Teil des Vitals. Einige gehen stets an sehr schlimme Orte und haben darum böse Nächte; zahllos sind die Möglichkeiten auszugehen. Es mag etwas winzig Kleines sein, ein geringer Teil des Wesens, der aber genügt, wenn er bewusst ist, um dir einen netten kleinen Alptraum zu verpassen!

Beim Schlafen sind nämlich die inneren Wesen nicht auf den Körper ausgerichtet, sie gehen hinaus und werden mehr oder weniger unabhängig – beschränkt unabhängig, aber immerhin unabhängig – und sie begeben sich in ihren eigenen Bereich. Das Mental tut das noch mehr als das Vital, denn es wird im Körper kaum festgehalten. Es ist in ihm nur gesammelt, nicht enthalten. Auch das Vital geht über den Körper hinaus, aber es ist mehr auf ihn ausgerichtet. Das Mental hingegen ist von so geschmeidiger Substanz, dass es genügt, an jemanden zu denken, um mental bei dem Betreffenden zu sein, wenigstens teilweise. Denkst du fest an einen Ort, so ist ein Teil deines mentalen Geistes dort. Entfernung gibt es sozusagen nicht. Um ein Mental zu haben, das um den Körper zentriert ist, bedarf es natürlich einer guten Erziehung. Bei wenigen Menschen hat das Mental eine klar bestimmte Gestalt. Es ist wie ein Wolkengebilde, ein Kommen und Gehen. Sogar um ein Vital zu haben, das dem physischen Körper gleicht, eine ihm entsprechende Gestalt hat, muss es sehr individualisiert, sehr zentriert sein. Das mentale Wesen noch mehr; es muss ganz und gar individualisiert, zentriert, um das seelische Zentrum herum angeordnet sein, um eine bestimmte Gestalt zu haben…

Was ist ein „mentaler Alptraum“?

Wenn es im Gehirn ein Durcheinander oder ein örtliches Fieber gibt, eine bestimmte Erhitzung, eine Überanstrengung, oder wenn es an Beherrschung fehlt, dann lässt man sich von mentalen Formationen besitzen. Das geschieht am häufigsten. Meist lässt man sich von mentalen Formationen befallen, die man selbst geschaffen hat. Und da die Kontrolle des vernünftigen Wachbewusstseins aufgehoben ist, fängt das alles im Kopf eine Sarabande zu tanzen an, mit einer Art entfesselter Verrücktheit. Die Gedanken vermischen sich, stoßen zusammen, kämpfen miteinander – ein wahres Wirrwarr von Wahnbildern. Hat man nun nicht die Macht, in den Kopf einen großen Frieden, eine große Ruhe, ein sehr starkes und reines Licht zu bringen, nun, dann ist das zehnmal schlimmer als ein vitaler Alptraum. Das Übelste am vitalen Alptraum besteht gewöhnlich darin, dass du mit einem Feind kämpfst, der dich zu töten sucht. Du versetzt ihm mächtige Schläge, und sie treffen nicht. Du legst deine ganze Kraft hinein, deine ganze Energie, und du vermagst deinen Gegner nie zu berühren. Er steht drohend vor dir, er will dich erwürgen, und du nimmst all deine Energie zusammen, versuchst zu schlagen, aber nichts berührt ihn. Wenn der Kampf so ist, Leib gegen Leib, mit einem Wesen, das sich auf dich stürzt, dann ist es besonders qualvoll. Darum wird dir empfohlen, nicht aus dem Körper zu treten, sofern du nicht über die nötige Macht oder die Lauterkeit verfügst. In dieser Art von Alptraum ist nämlich die Kraft, deren man sich bedienen will, die „Erinnerung“ an eine physische Kraft – doch man kann über große körperliche Kräfte verfügen, ein erstklassiger Boxer sein, und dennoch in der vitalen Welt völlig kraftlos sein, weil man eben nicht über die nötige Vitalkraft verfügt. Was nun diese mentalen Alpträume betrifft, diese Art grässlicher Sarabande im Kopf, so hat man ganz das Gefühl, den Verstand zu verlieren.