Kapitel 1
Ist Gott ein grausamer Quäler?
Worte der Mutter
Gott ist ein großer und grausamer Quäler, weil Er liebt. Du verstehst das nicht, weil du Krishna nicht gesehen und nicht mit Ihm gespielt hast. – Sri Aurobindo (Thoughts and Aphorisms)
Krishna ist das innewohnende Göttliche, die Göttliche Gegenwart in jedem und allem. Er ist auch unumschränkt der Aspekt der Freude und Liebe des Höchsten; er ist die lächelnde Sanftheit und die spielerische Fröhlichkeit; er ist zugleich der Spieler, das Spiel und alle, mit denen er spielt. Und weil das gesamte Spiel mit allen Ergebnissen vollständig bekannt, ersonnen, gewollt, angeordnet und in seiner Gesamtheit bewusst gespielt wird, kann dabei für nichts anderes Platz sein als für die Freude am Spiel. Derart Krishna zu sehen heißt, die innere Gottheit zu finden, und mit Krishna zu spielen heißt, sich mit der inneren Gottheit zu identifizieren und an seinem Bewusstsein teilzuhaben. Erreichst du diesen Zustand, so trittst du sogleich in die Glückseligkeit des göttlichen Spiels ein; und je vollständiger die Identifikation ist, desto vollkommener ist der Zustand.
Bewahrt aber irgendein Winkel des Bewusstseins die gewöhnliche Wahrnehmung, das gewöhnliche Verständnis, die gewöhnliche Empfindung, dann bemerkst du das Leiden der anderen; du findest ein Spiel, das viel Leiden verursacht, recht grausam, und du schließt daraus, dass jener Gott, der an einem solchen Spiel Vergnügen findet, ein schrecklicher Quäler sein muss; hast du dagegen die Erfahrung der Identifikation mit dem Göttlichen gehabt, dann kannst du die unermessliche, die wunderbare Liebe nicht vergessen, die Er in sein Spiel legt, und du begreifst, dass es die Beschränktheit unserer Sicht ist, die uns so urteilen lässt, und dass Er nicht ein absichtlicher Quäler, sondern die große helfende Liebe ist, die die Welt und den Menschen auf den schnellsten Wegen der Vollkommenheit entgegenführt – eine stets relative und stets zu überschreitende Vollkommenheit.
Aber ein Tag wird kommen, wo das scheinbare Leiden nicht mehr nötig ist, um zum Weiterschreiten anzutreiben, sondern wo der Fortschritt mehr und mehr in der Harmonie und der Freude gemacht werden kann.
