Kapitel 1
Gewissheiten
In der Tiefe ist eine größere Tiefe, in den Höhen eine größere Höhe. Eher wird der Mensch die Grenzen der Unendlichkeit erreichen als die Fülle seines eigenen Wesens. Denn dieses Wesen ist Unendlichkeit, ist Gott.
Ich strebe nach unendlicher Kraft, nach unendlichem Wissen, nach unendlicher Seligkeit. Kann ich sie erreichen? Ja, aber es ist die Natur der Unendlichkeit, dass sie kein Ende hat. Sage deshalb nicht, ich erreiche sie. Ich werde zu ihr. Nur indem er Gott wird, kann der Mensch Gott erreichen.
Doch bevor er Ihn erreicht, kann er zu Ihm in Beziehung treten. Beziehungen zu Gott zu knüpfen ist Yoga, ist das höchste Entzücken und der edelste Zweck. Es gibt Beziehungen, die der von uns entwickelten menschlichen Natur zugänglich sind. Sie heißen Gebet, Gottesdienst, Verehrung, Opfer, Denken, Glaube, Wissenschaft, Philosophie. Es gibt andere Beziehungen, die sich den von uns bisher entwickelten Fähigkeiten entziehen, jedoch jener menschlichen Natur zugänglich sein werden, die wir noch zu entwickeln haben. Es handelt sich dabei um jene Beziehungen, die durch die verschiedenen Übungen realisiert werden können, die man im Allgemeinen Yoga nennt.
Es mag sein, dass wir Ihn nicht als Gott kennen, sondern als Natur, als unser Höheres Selbst, als Unendlichkeit, als ein unbeschreibliches Ziel. Auf diese Weise näherte sich Ihm der Buddha; so nähert sich Ihm auch der strikte Monist. Er ist selbst dem Atheisten zugänglich. Dem Materialisten verhüllt Er sich in der Materie. Den Nihilisten lauert Er im Schoße der Vernichtung auf.
