Kapitel 1

Drei Schritte der Selbstverwirklichung und die dreifache Umwandlung

Das spirituellen Wissen des Selbstes wird in drei Schritten erzielt, die zur gleichen Zeit drei Teile des einen Wissens sind. Der erste ist die Entdeckung der Seele, nicht der äußeren Seele des Denkens und Fühlens und Begehrens, sondern der geheimen seelischen Wesenheit, des göttlichen Elementes in uns. Wenn diese die menschliche Natur beherrscht, wenn wir bewusst die Seele sind, und wenn Mental, Leben und Körper ihren wahren Platz als deren Instrumente einnehmen, werden wir uns eines inneren Lenkers bewusst, der die Wahrheit kennt, das Gute, das wahre Entzücken und die wahre Schönheit des Daseins, der Herz und Verstand durch sein lichthaftes Gesetz kontrolliert, und unser Leben und Sein zu spiritueller Vollständigkeit führt. Dann haben wir selbst in dem dunklen Wirken der Unwissenheit einen Zeugen, der unterscheidet, ein lebendiges Licht, das erleuchtet, einen Willen, der es zurückweist, verleitet zu werden, und der die Wahrheit des Mentals von seinem Irren trennt, des Herzens innigen Widerhall von seinem Vibrieren, wenn ein falscher Ruf, eine falsche Forderung, an es ergeht, des Lebens wahre Glut und Fülle von der Regung vitaler Leidenschaft und den trüben Falschheiten unserer vitalen Natur mit ihrem dunklen Selbstsuchen. Dies ist der erste Schritt der Selbstverwirklichung, die Inthronisation der Seele, des göttlichen, seelischen Individuums an Stelle des Egos. Der nächste Schritt ist, sich des ewigen Selbstes in uns bewusst zu werden, ungeboren und eins mit dem Selbst aller Wesen. Diese Selbstverwirklichung befreit und macht allumfassend; auch wenn unsere Tätigkeit noch in der Dynamik der Unwissenheit weitergeht, bindet oder verleitet sie uns nicht länger, weil unser inneres Wesen im Licht der Selbsterkenntnis ruht. Der dritte Schritt ist, das Göttliche Wesen zu kennen, das gleichzeitig unser höchstes transzendentes Selbst ist, das Kosmische Wesen, die Grundlage unserer Universalität und der Gottheit im Inneren, von der unser seelisches Wesen – die wahre, sich entfaltende Individualität in unserer Natur – ein Teil ist, ein Funke, eine Flamme, die in das ewige Feuer wächst, von dem sie entzündet wurde, und deren ewig währender Zeuge sie in uns ist, das bewusste Instrument seines Lichtes, seiner Macht und Freude und Schönheit.

SRI AUROBINDO (18:630)

Es gibt tausend Wege, sich dem Göttlichen zu nähern und es zu verwirklichen, und jeder Weg hat seine eigenen Erfahrungen mit eigenen Wahrheiten, die im wesentlichen eine Grundlage haben, in ihren Aspekten aber vielfältig sind, allen gemeinsam, doch nicht von allen auf die gleiche Weise ausgedrückt. Es hat nicht viel Sinn, diese Unterschiede zu diskutieren; wichtig ist, seinem eigenen Weg richtig und ernsthaft zu folgen. In diesem Yoga kann man das seelische Wesen als Teil des Göttlichen im Herzen verwirklichen, vom Göttlichen dort gestützt – dieses seelische Wesen nimmt sich der Sadhana an und wendet die gesamte Natur dem Göttlichen und der Wahrheit zu, was im mentalen, vitalen und physischen Bewusstsein Folgen zeitigt, auf die ich hier nicht einzugehen brauche – das ist die erste Umwandlung. Als nächstes verwirklichen wir das eine Selbst, Brahman, das Göttliche über dem Körper, Leben und Mental, und nicht allein im Herzen sie stützend, sondern darüber und frei und ungebunden als das statische Selbst in allen, und auch dynamisch als das aktive Göttliche Wesen und die Göttliche Macht, Ishvara Shakti, die sowohl die Welt enthält und durchdringt als auch übersteigt, alle kosmischen Aspekte manifestierend. Doch was das Wichtigste für uns ist, sie manifestiert sich als Licht, Wissen Macht, Reinheit, Frieden, als Ananda der Transzendenz, deren wir uns bewusst werden, und die in das Wesen herabkommen und in zunehmendem Maße das gewöhnliche Bewusstsein durch ihre eigenen Bewegungen ersetzen – das ist die zweite Umwandlung. Wir erkennen auch das Bewusstsein als sich nach oben bewegend, durch viele Ebenen aufsteigend, physische, vitale, mentale, obermentale bis zu den supramentalen und den Ananda-Ebenen. Das ist nichts Neues; in der Taittiriya Upanishad werden fünf Purushas aufgezählt, der physische, vitale, mentale, der Wahrheits-Purusha (der supramentale) und der Seligkeits-Purusha; es heißt dort, dass man das physische Selbst in das vitale Selbst zu ziehen habe, das vitale in das mentale, das mentale in das Wahrheits-Selbst, das Wahrheits-Selbst in das Seligkeits-Selbst, und so die Vollkommenheit erlangt. Doch in diesem Yoga werden wir uns nicht nur dieses Aufnehmens bewusst, sondern auch eines Herabströmens der Macht des höheren Selbstes, sodass die Möglichkeit einer Herabkunft des supramentalen Selbstes, der supramentalen Natur hinzukommt, damit sie unsere gegenwärtige Natur beherrschen und ändern, und sie von der Natur der Unwissenheit in die Natur des Wahrheitswissen umwandeln kann (und durch das Supramental in die Natur des Ananda) – dies ist die dritte oder supramentale Umwandlung. Es findet nicht immer in dieser Reihenfolge statt, denn für viele beginnt die spirituelle Herabkunft zunächst in unvollkommener Weise, bevor die Seele hervortreten und die Leitung übernehmen kann; doch die seelische Entwicklung muss zuerst erfolgen, bevor ein vollkommenes und ungestörtes spirituelles Herabkommen stattfinden kann, und die letzte oder supramentale Wandlung ist unmöglich, solange die beiden ersten nicht ganz und vollständig sind. Das ist die ganze Angelegenheit so kurz wie möglich.

SRI AUROBINDO (22:114)

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