Kapitel 1

Das allgemeine Ziel

Worte der Mutter

Die Ankunft einer fortschreitenden universalen Harmonie ist das allgemeine angestrebte Ziel.

Das Mittel, dieses Ziel im Hinblick auf die Erde zu erreichen, ist die Verwirklichung menschlicher Einheit, indem die innere Gottheit, die Eins ist, in allen erweckt wird und sich durch alle offenbart.

Mit anderen Worten – Einheit schaffen durch die Gründung des Königreiches Gottes, das in uns allen ist.

Die nützlichste Arbeit ist daher folgende:

1. Als Einzelner sich der Göttlichen Gegenwart in sich selbst bewusst werden und sich mit ihr identifizieren.

2. Seinszustände individualisieren, die im Menschen bisher noch nie bewusst waren, und so die Erde mit einer oder mehreren ihr jetzt noch versiegelten Quellen universaler Kraft in Verbindung bringen.

3. Zur Welt wieder das ewige Wort sprechen, in einer neuen Weise, die ihrer gegenwärtigen Mentalität entspricht.

Es wird eine Synthese allen menschlichen Wissens sein.

4. Als Kollektiv an einem geeigneten Ort eine ideale Gesellschaft aufbauen, wo eine neue Menschenart erblühen kann, die Art der Söhne Gottes.

Zur irdischen Transformation und Harmonisierung müssen zwei scheinbar entgegengesetzte Verfahren zusammenwirken und sich ergänzen:

1. Die individuelle Transformation – eine innere Entwicklung, die zur Vereinigung mit der Göttlichen Gegenwart führt.

2. Die kollektive Transformation – die Gestaltung einer Umwelt, die das Aufblühen und das Wachstum des Einzelnen begünstigt.

Da die Umwelt auf den Einzelnen einwirkt und andererseits der Wert der Umwelt vom Wert des Einzelnen abhängt, sollten beide Werke miteinander Schritt halten. Dies kann nur durch Arbeitsteilung geschehen, was die Bildung einer Gruppe erfordert, wenn möglich hierarchisch gestuft.

Das Wirken der Gruppenmitglieder sollte von dreifacher Art sein:

1. In sich selbst das Ideal verwirklichen: ein vollkommener irdischer Repräsentant der ersten Offenbarung des Undenkbaren zu werden, in all seinen Seinsweisen, Wesensformen und Eigenschaften.

2. Dieses Ideal durch das Wort, vor allem aber durch das Beispiel verbreiten, um all jene zu finden, die ihrerseits bereit sind, es zu verwirklichen und ebenfalls Verkünder der Befreiung zu werden.

3. Eine vorbildliche Gesellschaft zu begründen oder die schon bestehenden neu zu organisieren.

Auch jedem Einzelnen obliegt eine zweifache Bemühung, wobei die eine Seite die andere unterstützt und ergänzt:

1. Eine innere Entwicklung, eine fortschreitende Vereinigung mit dem Göttlichen Licht – die einzige Voraussetzung, den Menschen immer mit dem großen Strom des universalen Lebens im Einklang zu lassen.

2. Ein äußeres Wirken, das jeder gemäß seinen Fähigkeiten und persönlichen Neigungen zu wählen hat. Er muss seinen eigenen Platz finden, den Platz, den einzig er im gemeinsamen Konzert besetzen kann, und er muss sich dafür ganz und gar geben, ohne zu vergessen, dass er nur eine Note in der irdischen Symphonie spielt, und dennoch ist seine Note unverzichtbar für die Harmonie des Ganzen, und ihr Wert hängt von ihrer Richtigkeit ab.

Worte der Mutter

„Warum schlägt Gott so fürchterlich auf seine Welt ein, trampelt auf ihr herum und knetet sie wie Teig, wirft sie so oft in ein Blutbad und in die rote Höllenhitze des Schmelzofens? …“ – Sri Aurobindo (Gedanken und Einblicke)

Das ganze Problem besteht letzten Endes darin, zu erkennen, ob die Menschheit den Zustand reinen Goldes erreicht hat oder noch durch den Schmelztiegel gehen muss.

Eine Tatsache ist offensichtlich – die Menschheit hat den Zustand reinen Goldes noch nicht erreicht; das ist ersichtlich und gewiss.

Doch ist in der Weltgeschichte etwas geschehen, das hoffen lässt, dass ein erwählter Teil der Menschheit, einige wenige Wesen vielleicht bereit sind, in reines Gold verwandelt zu werden, und dann sind sie es, die Kraft ohne Gewalt, Heldentum ohne Zerstörung und Mut ohne Katastrophe zu offenbaren vermögen.

Genau dem gibt Sri Aurobindo Antwort: „Könnte die Menschheit bloß einwilligen, sich spiritualisieren zu lassen.“ Statt „die Menschheit“, sollten wir „der Einzelne“ sagen: Könnte der Einzelne bloß einwilligen, sich spiritualisieren zu lassen – einwilligen.

Etwas in ihm sucht, strebt, und der Rest weigert sich und will weiterhin das sein, was er ist: das Erzgemisch muss in den Schmelzofen geworfen werden.

Im Augenblick befinden wir uns wieder einmal an einem entscheidenden Wendepunkt in der Weltgeschichte. Von vielen Seiten werde ich gefragt: „Was wird geschehen?“ Überall ist Besorgnis, Erwartung, Angst. Was wird geschehen? Es gibt nur eine Antwort: „Könnte die Menschheit bloß einwilligen, sich spiritualisieren zu lassen.“

Vielleicht würde es genügen, wenn lediglich einige Menschen zu reinem Gold werden würden; ihr Beispiel wäre ausreichend, um den Lauf der Ereignisse zu ändern. Wir stehen dieser Notwendigkeit unmittelbar gegenüber, und es drängt.

Warum benutzen wir diesen Mut und diese Heldenhaftigkeit, die das Göttliche von uns verlangt, nicht zum Kampf gegen unsere eigenen Schwierigkeiten, unsere eigenen Unvollkommenheiten und gegen unsere eigene Dunkelheit?

Warum sich nicht heroisch dem Schmelztiegel der inneren Reinigung stellen, so dass es vielleicht nicht mehr notwendig ist, noch einmal durch einen dieser gewaltigen titanischen Zerstörungen hindurchzugehen, die eine ganze Zivilisation in Dunkelheit stürzen?

Vor diesem Problem stehen wir. Und jeder hat es auf seine eigene Weise zu lösen.

Die Antwort auf die an mich heute Abend gerichteten Fragen ist die selbe wie die von Sri Aurobindo: „Könnte die Menschheit bloß einwilligen, sich spiritualisieren zu lassen.“

Und ich füge hinzu: Die Zeit drängt – vom menschlichen Standpunkt aus gesehen.